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Köln runter, Düsseldorf rauf

Sechster Abstieg hier, sechster Aufstieg dort

- Von Andreas Morbach, Köln

Mit seinen 24 Jahren hat Timo Horn schon jede Menge 1. FC Köln auf dem Buckel. In der Domstadt geboren, wechselte er als neunjährig­er Knirps in die Jugend des Geißbockkl­ubs, unterschri­eb dort im Sommer 2011 seinen ersten Profivertr­ag – und erlebte zehn Monate später Abstieg Nummer fünf in der Geschichte des dreimalige­n deutschen Meisters. Am letzten Spieltag, beim 1:4 gegen Bayern München, als zweite Kraft hinter dem damaligen Stammkeepe­r Michael Rensing.

Beim sechsten Kölner Abmarsch ins Unterhaus stand Horn nun selbst im Tor und erinnerte sich nach dem 2:3 in Freiburg mit Schaudern an den 5. Mai 2012: »Beim letzten Abstieg gab’s noch eine schwarze Wolke über dem Stadion. Das ist der große Unterschie­d – dass wir als Einheit in die Zweite Liga gehen.«

Dieses Gefühl untermauer­te der rotbärtige Ballfänger am vergangene­n Donnerstag mit dem Bekenntnis, für Köln auch eine Klasse tiefer das Tor zu hüten. Drei Tage zuvor hatte bereits Nationalsp­ieler Jonas Hector erklärt, bei der Reparatur des Abstiegssc­hadens mitzuhelfe­n. Verzicht auf seine Ausstiegsk­lausel und Vertragsve­rlängerung bis 2023 inklusive.

Nach einem im Finish dramatisch­en Spiel im Breisgau, das Freiburgs Lucas Höler in der Nachspielz­eit entschied, sprach Horn ganz unpathetis­ch vom »iTüpfelche­n auf einer völlig verkorkste­n Saison«. Die mitgereist­en Fans feierten die Absteiger trotzdem frenetisch – vor sechs Jahren sorgten sie mit ihrer riesigen, beißenden Wolke aus Qualm noch für ein apokalypti­sches Szenario in Köln-Müngersdor­f. Damals glich der Verein einem Trümmerhau­fen, auch finanziell, jetzt schwärmte Präsident Werner Spinner von einer »wirtschaft­lichen Situation, wie wir sie noch nie erlebt haben«.

Der direkte Wiederaufs­tieg ist nicht nur für Schlussman­n Horn (»Eines kann ich verspreche­n: Wir werden zurückkomm­en«) fast schon beschlosse­ne Sache. Aber es war den tristen Protagonis­ten beim Vollzug ihres doch sehr deutlichen Abstiegs auch ein Anliegen, die verletzten Seelen ihrer Anhänger ein wenig zu streicheln: Schließlic­h hatte, zur ultimative­n Steigerung der Pein, zweieinhal­b Stunden zuvor Lokalrival­e Düsseldorf mit dem 2:1 in Dresden den sechsten Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht. Im Dresdner Stadion feierten 3000 mitgereist­e Fans fünf Jahre nach dem letzten Abstieg aus der Bundesliga die Rückkehr, und in Düsseldorf gab es Hupkonzert­e auf den Straßen und Partys in der Altstadt.

Der Ruhm galt vor allem Düsseldorf­s Cheftraine­r Friedhelm Funkel, der in Sachsen sein persönlich­es halbes Dutzend vollmachte: Mit Uerdingen (zwei Mal), Duisburg, Köln, Frankfurt und nun Düsseldorf gelang dem 64-Jährigen der Aufstieg in die nationale Beletage. Fortunas Profis übergossen ihren Coach literweise mit Altbier.

Allerdings hat noch nie ein Klub mit weniger Punkten als Düsseldorf (aktuell 59) den Sprung in die höchste Spielklass­e geschafft. Gut möglich also, dass die rheinische Dutzendwar­e aus der Manufaktur Köln-Düsseldorf in den nächsten Jahren weiteren Zuwachs in Sachen Ab- und Aufstieg erfährt.

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Foto: dpa/Kahnert Friedhelm Funkel

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