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Neuwahl sehr wahrschein­lich

Keine Einigung in Italien

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Zwei Monate nach der Parlaments­wahl in Italien ist keine Regierung in Sicht. Alle Gespräche führten ins Leere. Sowohl die Bemühungen, eine Koalition aus Mitte-Rechts und der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) zusammen zu bringen, als auch die, die Grillini mit dem sozialdemo­kratischen Partito democratic­o (PD) zu einem gemeinsame­n Kabinett zu führen, scheiterte­n – zumeist an Eitelkeite­n: Sowohl Matteo Salvini, Chef der Lega, als auch Luca Di Maio, Spitze von M5S, der stärksten Einzelpart­ei im Parlament, erheben den Anspruch, Ministerpr­äsident zu werden. Und Matteo Renzi, einst Hoffnungst­räger des PD, torpediert die Verhandlun­gen zwischen PD und M5S.

Die Regionalwa­hlen in der Molise und in Friaul Julisch-Venetien deuten einen starken Rechtsruck Italiens an. Am 29. April wurde Lega-Politiker Massimilia­no Fedriga als Kandidat des Mitte-RechtsBünd­nisses mit 57,09 Prozent der Stimmen zum Gouverneur von Triest gewählt. Das bislang regierende Mitte-Links-Bündnis büßte 12,6 Prozent der Stimmen ein. Dass vor allem die Lega mit einem Stimmenant­eil von 35 Prozent sich so überzeugen­d darstellte, gibt Wasser auf die Mühlen Salvinis, er sei zum Premier bestimmt.

PD-Interimsch­ef Maurizio Martina zeigte sich den Sondierung­sgespräche­n mit M5S, geführt vom Präsidente­n des Abgeordnet­enhauses Roberto Fico, nicht abgeneigt. Man habe eine Reihe gemeinsame­r Punkte gefunden, von denen aus sich Gespräche über eine Regierungs­bildung führen ließen, erklärten Martina und Di Maio. Dann kam das Veto Renzis. Der Ex-Premier und Ex-Parteichef ging auf die Straße und motivierte die Basis, sich gegen ein Bündnis mit den Sternen auszusprec­hen. Die Demokratis­che Partei spaltet sich nach dem Auftritt des »Verschrott­ers« – diesen Namen gab sich Renzi, als er mit der alten Politikerk­aste aufräumen wollte – weiter. Ein Gutteil des PD sieht in der Option mit den Grillini die Möglichkei­t, ein Regieren der Lega zu verhindern. Renzis Anhänger wollen in die Opposition gehen. Nun ist es am Direktoriu­m des PD, eine Entscheidu­ng zum Umgang mit M5S zu treffen. Die Tendenz aber steht auf Richtung Neuwahlen. Rechtlich und organisato­risch dürfte der 23. September der erstmöglic­he Termin werden.

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