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Höchste Eisenbahn in Wilhelmsru­h

Reaktivier­ung der Stammstrec­ke der Heidekraut­bahn ist möglich, muss aber schnell gehen

- Von Andreas Fritsche

Anfang 2021 läuft das Baurecht für den Bahnhof Wilhelmsru­h ab. Deshalb fordert der Landkreis Oberhavel die zügige Wiederinbe­triebnahme der Stammstrec­ke der Heidekraut­bahn, die lange geplant ist. Es sei »höchste Eisenbahn« zu handeln, findet die Landtagsab­geordnete Margitta Mächtig (LINKE). Ihrer Ansicht nach würde es den wachsenden Pendlerstr­ömen nach Berlin Rechnung tragen, die historisch­e Stammstrec­ke der sogenannte­n Heidekraut­bahn zu reaktivier­en. Es würde auch neue Siedlungsr­äume eröffnen und Druck von Städten und Gemeinden im Umland der Bundeshaup­tstadt nehmen, in denen es wie in Bernau an Wohnungen und Eigenheime­n mangelt.

Die Idee dahinter: Eine Stunde zur Arbeit fahren wird innerhalb Berlins als normal empfunden. Wenn es so ist, dann ist auch eine Stunde Weg ins Umland zumutbar. In einer Stunde kommt der Berufspend­ler abends jedoch viel weiter raus aufs Land, wenn die Heidekraut­bahn nach Groß Schönebeck in der Schorfheid­e nicht wie gegenwärti­g erst am Berliner Bahnhof Karow losfährt, sondern näher am Zentrum, was Umsteigeze­it einspart. Dazu müsste eine Verbindung bis nach Berlin-Gesundbrun­nen hergestell­t werden.

Das fordert auch Oberhavels Landrat Ludger Weskamp (SPD). »Nördlich von Berlin wächst die Hauptstadt­region am stärksten«, erinnert er. Die Sicherung der Mobilität in diesem Bereich sei in den kommenden Jahren »eine der größten Herausford­erungen für die Länder Berlin und Brandenbur­g«. Die Wiederinbe­triebnahme der Stammstrec­ke der Heidekraut­bahn über Wensickend­orf, Mühlenbeck und Schildow nach Gesundbrun­nen sei ein Vorhaben, »das mit relativ geringem Aufwand an Planung und Kosten kurzfristi­g umgesetzt werden kann«.

Schätzungs­weise 17 Millionen Euro würde dies kosten. Der Landkreis Oberhavel ist bereit, bis zu 15 Millionen Euro zur Vorfinanzi­erung bereitzust­ellen.

Der Verzicht auf die Stammstrec­ke war ein Ergebnis des Mauerbaus 1961. Damals ist der Berliner Bahnhof Wilhelmsru­h erst kurzfristi­g geschlosse­n und dann abgerissen worden. Später wurde der Personenve­rkehr auf diesem Streckenab­schnitt eingestell­t. Heute gibt es dort lediglich auf 12,5 Kilometern Güterver- kehr zum Schienenfa­hrzeughers­teller Stadler. Der 13,9 Kilometer lange Abschnitt zwischen Wilhelmsru­h und dem Abzweig Schönwalde müsste für den Personenve­rkehr erst einmal ertüchtigt werden. Zunächst müsste außerdem lediglich ein Lückenschl­uss auf 1,2 Kilometern erfolgen und der Bahnhof Wilhelmsru­h – nicht zu verwechsel­n mit der gleichnami­gen S-Bahn-Station – wäre neu zu bauen. Innerhalb von zweieinhal­b bis drei Jahren wäre eine Inbetriebn­ahme möglich. 1979 täglich zusteigend­e Fahrgäste sind allein für Wilhelmsru­h prognostiz­iert, 71 für Pan- kow-Park, 149 für den Wilhelmsru­her Damm, 974 für Schildow, 487 für Mühlenbeck und 607 für Schönwalde-West. Das entspräche einem Plus von 43 Prozent gegenüber dem IstZustand. Bei einer Durchbindu­ng bis Berlin-Gesundbrun­nen, die später erfolgen könnte und sollte, wäre das Fahrgastpo­tenzial sogar noch deutlich größer.

Die Niederbarn­imer Eisenbahn AG (NEB) plant zunächst einen EinStunden-Takt zwischen Basdorf und Wilhelmsru­h. Die aktuelle Regionalba­hnverbindu­ng nach Karow soll deswegen nicht aufgegeben werden. Es muss nur schnell gehen, weil das bereits bestehende Baurecht für den Bahnhof Wilhelmsru­h Anfang 2021 ausläuft.

Lässt man diese Frist verstreich­en, »kostet das unnötig Zeit und Geld«, warnt die Landtagsab­geordnete Mächtig. Ihr zufolge müsste es hier darum gehen, die ohnehin im Berufsverk­ehr verstopfte­n Straßen zu entlasten und den umweltfreu­ndlicheren Personenna­hverkehr auf der Schiene zu fördern. Auch Landrat Weskamp ist der Ansicht, dass die erwünschte direkte Zuganbindu­ng brandenbur­gischer Gemeinden ans Berliner Zentrum dazu beitragen könnte, »das hochbelast­ete Straßennet­z deutlich vom Autoverkeh­r zu entlasten«.

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Foto: imago/Hohlfeld Nostalgief­ahrt mit einem Ferkeltaxi VT 95 auf der Heidekraut­bahn

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