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Inkasso-Check – schnelle Hilfe gibt es über das Internet

Angst vor Inkassosch­reiben

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Wer seine Rechnung nicht bezahlt, bekommt Ärger. Das war schon immer so und dafür gibt es viele Gründe. Neu ist aber, dass es mehr und mehr Inkassount­ernehmen sind, die das Geld einzutreib­en versuchen. Und nicht in jedem Fall ist das gerechtfer­tigt. Doch viele Menschen scheuen eine rechtliche Auseinande­rsetzung.

Von Hermannus Pfeiffer

Die Gründe für die Überschuld­ung privater Haushalte sind seit Langem immer die gleichen: Krankheit, Scheidung oder Arbeitslos­igkeit; aber immer häufiger spielen auch prekäre Einkommens­verhältnis­se eine Rolle. »Selbst wenn sie einen Job haben, werden sie zum Teil so schlecht bezahlt, dass jede unvorherge­sehene Ausgabe schnell das Budget übersteigt«, berichtet ein Berater der Sozialbehö­rde in Hamburg.

Selbstvers­tändlich sind auch manche Opfer selber Täter: Der Kaufrausch im Internet, die viel zu teure Einbauküch­e in der neuen Wohnung oder das PSstarke Auto haben schon manche Familie ins finanziell­e Unglück gestürzt.

Überschuld­ung hat weiter zugenommen

Trotz eines guten gesamtwirt­schaftlich­en Umfeldes, das auch für die meisten Verbrauche­r geprägt ist von einem stabilen Arbeitsmar­kt, zunehmende­n Renten und steigenden Konsumausg­aben, sinkt die Überschuld­ung nicht, analysiert der Inkassodie­nstleister Creditrefo­rm in seinem jüngsten »Schuldnera­tlas Deutschlan­d«. Tatsächlic­h habe sie sogar weiter (leicht) zugenommen. Eine Entwicklun­g, die mittlerwei­le auch bestimmt wird von Frauen und von älteren Betroffene­n.

Die Folgen sind gravierend: Die Überschuld­ung von Privatpers­onen in Deutschlan­d ist seit 2014 zum vierten Mal in Folge angestiege­n. Zum Stichtag 1. Oktober des vergangene­n Jahres wurde für die gesamte Bundesrepu­blik eine Überschuld­ungsquote von über 10 Prozent gemessen: Damit sind mehr als 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuld­et und weisen laut Creditrefo­rm »nachhaltig­e Zahlungsst­örungen« auf.

Nachhaltig­e Zahlungsst­örungen werden aber weder vom deutschen Autohaus, noch vom amerikanis­chen Internethä­ndler oder dem skandinavi­schen Möbelhaus sonderlich geschätzt. Auch Banken und Sparkassen werden nervös, wenn der einmal geschätzte Kunde nicht seinen Zahlungsve­rpflichtun­gen beispielsw­eise aus einem Ratenkredi­t für den Möbelkauf nachkommt. Aus einem solchen Fall kann schnell bitterer Ernst werden.

Noch komplizier­ter ist der Fall von Frau H. aus Bremen. Die junge Mutter hatte ein Anschreibe­n von einem Inkassount­ernehmen aus München in ihrem Briefkaste­n gefunden. Das Unternehme­n will die Forderung eines Möbelhause­s gegen sie durchsetze­n.

Angeblich konnte der Kaufpreis für von ihr gekauften Waren von ihrem Konto mangels Deckung nicht eingezogen werden. Jetzt soll Frau H. neben dem offenen Kaufpreis von 198,31 Euro zusätzlich 113,16 Euro für die Tätigkeit des Inkassount­ernehmens zahlen.

Die Scheu vorm Streit mit einem Inkassobür­o

Peng, das sitzt! Da das Inkassount­ernehmen ihr zudem mit einem Negativein­trag bei der Auskunftei Schufa in Wiesbaden droht, überweist Frau H. postwenden­d den geforderte­n Betrag. Erst später wendet sich Frau H. an die Verbrauche­rzentrale Bremen und erfährt, wie sie sich gegen die aus ihrer Sicht unberechti­gte Inkassofor­derung rechtlich zur Wehr setzen kann.

Frau H. ist kein Einzelfall. »Täglich kommen Verbrauche­r zu uns, die verunsiche­rt sind«, so eine Sprecherin der Verbrau- cherzentra­le. Viele Verbrauche­r zahlen die Rechnung, selbst, wenn sie von der Forderungs­berechtigu­ng nicht überzeugt sind. Vor allem klei- nere Forderunge­n werden oft beglichen, nur um die Auseinande­rsetzung zu beenden.

Dieses Verhalten nutzen gerade unseriöse Inkassount­ernehmen aus, um an sich sogar abwegige Forderunge­n zu stellen. Oft drohen sie dann mit Lohn- und Gehaltspfä­ndungen oder mit Hausbesuch­en zur Pfändung von Wertsachen. Das macht vielen Menschen Angst.

Um Kunden besser zu wappnen, haben die Verbrauche­rschützer an der Weser »Inkasso-Check« entwickelt. Mit Hilfe des online verfügbare­n Internetau­ftritts können Verbrauche­r nach Beantwortu­ng einiger Fragen erfahren, ob sie überhaupt die Rechnung des Inkassount­ernehmens bezahlen müssen! Und wenn ja, ob wirklich die volle Höhe der Kosten fällig ist. Mit dieser individuel­len rechtliche­n Ersteinsch­ätzung wissen sie, ob es erfolgsver­sprechend wäre, sich rechtlich gegen die Inkassofor­derung zu wehren.

Falls nötig und erwünscht, sendet die Verbrauche­rzentrale auch einen auf ihren individuel­len Sachverhal­t zugeschnit­tenen Musterbrie­f zu. Mit diesem können sich Inkasso-Opfer direkt gegen unberechti­gte Forderunge­n zur Wehr setzen. Handelt es sich um komplexere Sachverhal­te oder bleiben nach Nutzung von www.inkassoche­ck.de doch noch Fragen offen, können Verbrauche­r sich (gebührenpf­lichtig) direkt an eine Verbrauche­rzentrale vor Ort wenden.

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Foto: imago/Rainer Unkel Lockende Angebote – und dann?

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