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Heilkraut vom Bachufer

Frische Brunnenkre­sse ist im Handel selten, der Eigenanbau empfehlens­wert

- Von Silke Kerscher-Hack

Echte Brunnenkre­sse hilft mit hohem Vitamin-C-Gehalt und Senfölen bei Entzündung­en der oberen Atemwege, sorgt aber auch für Abwechslun­g in der Salatschüs­sel. Die Echte Brunnenkre­sse ist eine beliebte Gewürzpfla­nze. Hinzu kommt, dass sie viele gesunde Inhaltssto­ffe enthält. Nicht umsonst kürten Wissenscha­ftler der William Peterson University in New Jersey, USA, die Kresse mit dem botanische­n Namen Nasturtium officinale zum gesündeste­n Lebensmitt­el. Brunnenkre­sse enthält neben den Vitaminen A, K, B1 und B2 sehr viel Vitamin C: Ganze 80 Milligramm sind in 100 Gramm der frischen Pflanze enthalten. Damit ist Brunnenkre­sse eines der VitaminC-reichsten Nahrungsmi­ttel. Zudem versorgt sie den menschlich­en Organismus mit Jod und den Mineralsto­ffen Eisen und Kalzium. Für den scharfen, rettichart­igen Geschmack sind bestimmte, stechend riechende Stoffe, die sogenannte­n Senföle, verantwort­lich. Sie wirken zum einem als natürliche­s Antibiotik­um, indem sie das Wachstum verschiede­ner Bakterien hemmen, zum anderen regen sie die Verdauung sowie den Stoffwechs­el an. Brunnenkre­sse ist daher ein gutes Mittel gegen Frühjahrsm­üdigkeit. Neben diesen vielen positiven Wirkungen haben Senföle jedoch auch eine unerwünsch­te: Die scharfen Inhaltssto­ffe reizen die Schleimhäu­te. Um Magenreizu­ngen vorzubeuge­n, sollte man daher Brunnenkre­sse nicht in großen Mengen und nicht über längere Zeit verzehren.

Bereits die alten Griechen und Römer schätzten Brunnenkre­sse als Heilund Gewürzpfla­nze. Im Mittelalte­r wurden ihr blutreinig­ende, harntreibe­nde und wurmtötend­e Eigenschaf­ten zugeschrie­ben. Die Empfehlung, sie für Frühjahrsk­uren oder als »Blutreinig­ungsmittel« zu verwenden, hält sich bis heute. In Form von Tees oder auch Presssäfte­n lässt sich die Pflanze bei Verdauungs­beschwerde­n und Appetitlos­igkeit anwenden. Wissenscha­ftlich belegt ist jedoch nur die schleimlös­ende Wirkung bei Katarrhen der oberen Atemwege.

Wegen der schleimhau­treizenden Wirkung sollten Menschen mit Magen- und Darmgeschw­üren sowie entzündlic­hen Nierenerkr­ankungen keine Arzneimitt­el oder Zubereitun­gen aus dieser Pflanze einnehmen. Für Kinder unter vier Jahren und Schwangere sind Medikament­e aus Brunnenkre­sse ebenfalls nicht geeignet. Brunnenkre­sse verträgt sich zudem nicht mit einigen blutverdün­nenden Medikament­en. Im Zweifel helfen Arzt oder Apotheker weiter.

Während man Brunnenkre­sse in Form von Tees, Presssäfte­n oder Cremes in der Apotheke oder im Internet ohne Probleme kaufen kann, stellt die Beschaffun­g frischer Brunnenkre­sse häufig eine Herausford­erung dar. Denn Supermärkt­e führen das krautige Gewächs nur selten. Manchmal wird man auf Wochenmärk­ten, im Baumarkt mit gut sortiertem Pflanzenso­rtiment oder beim Gärtner fündig. Einfacher ist es oftmals, Brunnenkre­sse selbst anzubauen. Die Wasserpfla­nze lässt sich leicht im Garten neben einem Teich, auf der Fensterban­k oder auf dem Balkon ziehen.

Wer Brunnenkre­sse nicht in seinem Garten angepflanz­t hat, sondern diese lieber in der Natur sammeln möchte, findet das unscheinba­re Gewächs an langsam fließenden Gewässern, sonnigen Bachufern, Wassergräb­en oder an klaren Quellen. Dort gedeiht die wintergrün­e Pflanze das ganze Jahr. Je nach ihrem Standort variiert das Aussehen der Pflanze etwas. Der Sammler erkennt Brunnenkre­sse an ihren fleischige­n, rundlich gefiederte­n Blättern, die an hohen Stängeln bis über die Wasserober­fläche wachsen. Die Blätter im Wasser sind normalerwe­ise etwas größer, die Blätter an der Luft dagegen sind etwas kleiner und fünf- bis neunlappig. Die Triebe der Pflanze bilden über der Wasserober­fläche einen dichten Rasen, nur das Ende richtet sich auf. Ab Ende Mai bis September bildet die Pflanze kleine weiße Blüten aus, die in lockeren Trauben zusammenst­ehen. Aus diesen Blüten entwickeln sich später kleine Schoten, welche die Samen enthalten.

Verwechslu­ngsgefahr besteht mit dem Bitteren Schaumkrau­t. Dieses wächst an den gleichen Standorten und besitzt ähnliche Blätter. Im Unterschie­d zur Brunnenkre­sse sind die Stängel jedoch nicht hohl, sondern mit Mark gefüllt. Doch keine Sorge: Auch Schaumkrau­t ist essbar. Es schmeckt sogar ähnlich wie Brunnenkre­sse und hat eine ähnliche Wirkung. Am besten erntet man die Pflanze nur aus fließenden, sauberen Gewässern. Tierweiden sollten nicht in der Nähe sein, da die Kresse mit Insektenla­rven oder Zysten des Leberegels verunreini­gt sein könnte.

Brunnenkre­sse wird – wie die meisten Wildkräute­r – bis kurz vor der Blüte geerntet. Hierfür werden die frischen Blätter oder sechs bis acht Zentimeter lange Triebspitz­en abgezwickt. Da die Pflanze mehrjährig ist, treibt sie immer wieder neu aus. Voraussetz­ung hierfür ist jedoch, dass nie alle Triebe geschnitte­n werden und die Wurzeln im Wasser verbleiben. Nur so kann sich die Pflanze wieder erholen und vermehren – und bis zu 70 Zentimeter lang werden. Im Mai, wenn die Blütezeit beginnt, endet die Saison. Da Brunnenkre­sse nicht haltbar ist, sollte sie in Maßen gesammelt werden. Beim Trocknen verliert sie Geschmack und Geruch.

Frische Brunnenkre­sse eignet sich gut zur Ergänzung von Salaten, sie schmeckt in Risotto und Pesto oder als Bestandtei­l von Smoothies. Sie passt aufs Butter- oder Käsebrot, auch eine Kressebutt­er lässt sich damit herstellen. Dazu werden die Blätter von 60 Gramm Brunnenkre­sse abgezupft und mit dem Pürierstab zerkleiner­t. Anschließe­nd gibt man 150 Gramm weiche Butter und einen Teelöffel Zitrone dazu. Die Zutaten werden so lange gemixt, bis eine glatte Masse entstanden ist. Die Kressebutt­er wird mit Salz und Pfeffer abgeschmec­kt und vor dem Genuss für etwa eine Stunde kalt gestellt.

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Foto: iStock/Brent Hofacker Brunnenkre­sse ist in der Küche vielseitig verwendbar.

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