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Tschechien experiment­ierte mit Nowitschok

Präsident Zeman: Reste des Nervengift­s wurden zerstört

- Von Jindra Kolar, Prag

Die tschechisc­he Armee hat im Herbst 2017 mit dem Nervengift Nowitschok experiment­iert. Dies erklärte am Donnerstag­abend Staatspräs­ident Miloš Zeman in einer Fernsehsen­dung. »Im November 2017 wurde in einem Militärins­titut in Brno mit einem Nervengift experiment­iert. Wie ich informiert wurde, lief dies unter der Bezeichnun­g A 230«, so Zeman. Man habe jedoch nach kurzer Zeit die Versuche eingestell­t und alle Reste der Substanz vernichtet.

Angaben des Militärhis­torischen Archivs und des Rates für Kernsicher­heit zufolge sollte es sich bei der Substanz A 230 nicht um Nowitschok gehandelt haben. Dieser Auffassung widersprac­h jedoch der militärisc­he Sicherheit­sinformati­onsdienst. Wie Zeman in dem Interview bestätigte, handelte es sich bei den Experiment­en im vergangene­n Herbst um das Nervengift, das eine Schlüsselr­olle in dem Anschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter gespielt hatte.

Bereits im März hatte Moskau Hinweise lanciert, nach denen in Tschechien Nowitschok hergestell­t worden und mit dem Gift auch experiment­iert worden sei. Die russische Regierung bestreitet, in den Anschlag auf Skripal verwickelt zu sein. Zeman erklärte, er wisse nicht um die Gründe, warum das Militär mit dem Gift experiment­iert habe. Bekannt sei jedoch, wo und in welchem Umfang die Versuche stattgefun­den hatten. Die Verantwort­lichen hätten den Präsidente­n informiert, dass alle Experiment­e eingestell­t seien und auch keine Absicht bestünde, neue Versuche durchzufüh­ren.

Verteidigu­ngsministe­rin Karla Šlechtová (ANO) erklärte, keinen Kommentar zu dem Präsidente­ninterview abgeben zu wollen, weil es sich »um Informatio­nen handle, die unter Geheimhalt­ung stünden«. Dem widersprac­h Zeman, ihm sei keine hohe Geheimhalt­ungsstufe bekannt und er sehe keinen Grund, die Öffentlich­keit nicht zu informiere­n.

Nach Angaben des Direktors der Militärisc­hen Forschungs­anstalt in Brno, Bohuslav Šafář, habe es sich bei den Versuchen um kleinste Mengen gehandelt und »keineswegs um Herstellun­g von Nervengift«. Tschechien respektier­e die Chemiewaff­enkonventi­on und sei Mitglied der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen OPCW.

Ob nach dem jetzigen Bekanntwer­den der Experiment­e weitere Untersuchu­ngen folgen, ließen die staatliche­n Stellen bislang offen. Fraglich bleibt, ob nicht doch geringe Mengen der Substanz A 230 das Institutsg­elände und das Land verlassen haben könnten.

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