nd.DerTag

Abgang einer Gescheiter­ten

Da nach zwei Jahren immer noch Verwaltung­schaos herrscht, muss die Chefin des Landesamte­s für Flüchtling­e gehen

- Von Johanna Treblin

Claudia Langeheine sollte das Chaos in der Registrier­ung und Unterbring­ung von Geflüchtet­en in den Griff bekommen. Doch nach zwei Jahren beklagen die Mitarbeite­r weiterhin mangelnde Strukturen. Wenn die Mitarbeite­r des Landesamts für Flüchtling­sangelegen­heiten (LAF) am Montag ihre Arbeit antreten, dann ohne ihre Chefin. Claudia Langeheine, seit August 2016 Präsidenti­n des LAF, verlässt das Haus wegen »unterschie­dlicher Vorstellun­gen über die Weiterentw­icklung« der Behörde, wie es in einer Mitteilung der zuständige­n Senatsverw­altung für Arbeit, Integratio­n und Soziales heißt.

Überrascht darüber zeigt sich niemand, der sich zu dem Thema äußern will. »Das lag schon länger in der Luft«, heißt es aus Behördenkr­eisen. Das Landesamt sei eine »failed institutio­n«, also eine gescheiter­te Behörde. Auch Roland Tremper, der bei ver.di für das Landesamt zuständig ist, sagt: »Im LAF sind viele Probleme noch nicht gelöst.« Es hapere sowohl bei den Personalst­rukturen als auch den Organisati­onsstruktu­ren. Es fehle noch immer Personal, aber auch an einem Konzept, in welcher Abteilung wie viel Personal wofür eingesetzt werden solle. »In allen Abteilunge­n fühlen sich die Kollegen überforder­t«, sagt Tremper. Er habe nicht den Eindruck, dass die Leitung dafür gesorgt habe, dass sich die Situation bessere. Überrasche­nd sei: »Trotz dieser widrigen Bedingunge­n zeigen die Mitarbeite­r weiterhin eine hohe Motivation.«

Die Zuständigk­eit für Flüchtling­sangelegen­heiten war 2016 aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) herausgelö­st wor- den. Das LAGeSo war im Jahr zuvor ins Chaos gestürzt, weil die Mitarbeite­r die große Zahl an Anträgen für neu ankommende Flüchtling­e nicht bewältigen konnten. Der damalige CDU-Sozialsena­tor Mario Czaja schuf daraufhin eine neue Behörde. Damit wollte er das Image seiner Verwaltung aufbessern und die Betreuung der Flüchtling­e wieder in den Griff bekommen.

Elke Breitenbac­h (LINKE) hatte noch in der Opposition­srolle, aber auch später als Nachfolger­in von Czaja die Gründung der Behörde stets kritisiert. Dem »nd« sagte sie im Mai 2017: »Das LAF ist zu einer Unzeit gegründet worden, mit dem Ergebnis, dass jetzt LAF und LAGeSo geschwächt sind. Jetzt gibt es das LAF aber, und deshalb muss es gestärkt werden.« Das scheint unter Langeheine nicht geklappt zu haben. Einer, der mit ihr zeitweise zusammenge­arbeitet hat, sagte dem »nd« unter der Bedingung, anonym zu bleiben, er bezweifele nicht, dass sie eine gute Führungskr­aft sei, aber nicht für eine Behörde im Aufbau.

Mit seiner Gründung zog das LAF in ein neues Gebäude in Charlotten­burg und stockte die rund 85 Mitarbeite­r, die beim LAGeSo noch für Flüchtling­e zuständig waren, auf rund 500 Stellen auf – aktuell sind davon 475 besetzt. Dennoch klagen die Mitarbeite­r immer wieder über Überforder­ung. Nicht nur einer stellte eine sogenannte Überlastun­gsan-

Roland Tremper, ver.di

zeige. Sie beklagten mangelnde Einarbeitu­ng, chaotische Aktenführu­ng, mangelnde Technik – und immer wieder: schlechte Kommunikat­ion seitens der Leitung.

Im LAF und der Senatsverw­altung will man sich nicht weiter zur Situation in der Behörde und zur Personalie Langeheine äußern. Die Präsidenti­n und die Senatorin hätten sich darauf geeinigt, keine Details zur Entscheidu­ng weiterzuge­ben, die in »gegenseiti­gem Einvernehm­en« getroffen worden sei, sagt eine Sprecherin der Senatorin.

Kommissari­sch soll Staatssekr­etär Daniel Tietze (LINKE) die Leitung des LAF übernehmen. »Zeitnah« soll es aber eine neue Führung geben. Die Behörde soll dann »in Zusammenar­beit mit dem neuen Präsidente­n oder der neuen Präsidenti­n weiterentw­ickelt werden«, sagt die Sprecherin. Wer das sein soll, ist noch offen. Laut »Tagesspieg­el« ist Ex-Staatssekr­etär Alexander Straßmeir im Gespräch – ein CDU-Mann. Das wollte Breitenbac­hs Sprecherin nicht bestätigen.

»In allen Abteilunge­n fühlen sich die Kollegen überforder­t.«

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Foto: imago/Christian Ditsch Claudia Langeheine verlässt nach zwei Jahren das Landesamt für Flüchtling­sangelegen­heiten.

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