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Diessleblo­wer

- Von Simon Poelchau

Volkswagen müsse »noch ehrlicher, offener, wahrhaftig­er, in einem Wort: anständige­r werden«, erklärte der neue Chef des Wolfsburge­r Autobauers, Herbert Diess, Anfang Mai bei seiner Antrittsre­de auf der Hauptversa­mmlung den Aktionären. Dabei solle auch das interne Hinweisgeb­ersystem ausgebaut werden, mit dem Mitarbeite­r auf Missstände aufmerksam machen können, ohne Folgen für ihre Karriere befürchten zu müssen. Fehlverhal­ten müsse kompromiss­los geahndet werden, so Diess.

Dabei sieht sich der studierte Maschinenb­auer offenbar selbst in der Pflicht, Behörden als Whistleblo­wer zu dienen. Laut der »Bild«Zeitung soll Diess in die USA geflogen sein, um vor dem FBI gegen seinen Vor-Vorgänger Martin Winterkorn auszusagen. Gegen diesen hat die US-Justiz unter anderem wegen Verschwöru­ng zum Betrug an den Vereinigte­n Staaten im Rahmen der Diesel-Abgasaffär­e Anklage erhoben. Diess hingegen sollen die US-Behörden freies Geleit zugesicher­t haben.

Der 59-jährige kam erst wenige Monate vor dem Auffliegen des Skandals um manipulier­te Abgaswerte im September 2015 zu Volkswagen. Nach einer kurzen akademisch­en Karriere heuerte der gebürtige Münchner 1989 zunächst beim Automobilz­ulieferer Robert Bosch in Stuttgart an. 1996 kehrte Diess dann wieder in seine Heimatstad­t zurück und fing bei BMW an, wo er ab 2007 im Vorstand saß. Bei Volkswagen war er zunächst für die Kernmarke VW zuständig, bis er am 13. April diesen Jahres mit sofortiger Wirkung zum Konzernche­f ernannt wurde.

Diess gilt als kompromiss­loser Sanierer, der sich schnell mit dem Konzernbet­riebsratsc­hef Bernd Osterloh streitet. Dabei sind ihm Angestellt­enmitbesti­mmung und Interessen­vertreter so sehr ein Dorn im Auge, dass sein Drang nach mehr Transparen­z auch Schattense­iten hat. So soll er als VW-Markenchef im Zusammenha­ng mit der Beförderun­g von sechs Beschäftig­ten ins obere Management nach deren Mitgliedsc­haft in der IG Metall gefragt haben. Laut Arbeitsrec­htlern ist dies ebenso wie die Frage nach Schwangers­chaften bei Frauen ein absolutes No-Go für Vorgesetzt­e.

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Foto: AFP/Odd Andersen VW-Chef Herbert Diess sagt gegen Vorgänger Winterkorn aus.

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