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Seehofer: Deutschlan­d ist sicherer

Polizeista­tistik weist hohe Aufklärung­sraten auf

- Von Uwe Kalbe

Sicherheit ist ein Schlüsselb­egriff für Lebensqual­ität. Das Bundesinne­nministeri­um, jetzt auch Heimatmini­sterium, veröffentl­ichte am Dienstag die jährliche Kriminalst­atistik der Polizei (PKS), und die Frage lautete sofort: Ist Deutschlan­d sicherer als vor einem Jahr oder trifft eher das Gegenteil zu? Für Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) stand bei der Präsentati­on der Statistik fest: »Deutschlan­d ist sicherer geworden.« Auch wenn noch viel zu tun bleibe. Für seine Einschätzu­ng verwies er auf Daten wie diese: Der Anteil der aufgeklärt­en Straftaten ist mit 55,7 Prozent so hoch wie nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 2005. Allerdings schwankt die Aufklärung­squote je nach Tatbereich stark: Bei Wohnungsei­nbrüchen mit Diebstahl werden nur 17,8 Prozent der Fälle aufgeklärt, bei Tötungsdel­ikten waren es 95,6 Prozent. Drei Viertel der 1,98 Millionen Tatverdäch­tigen des vergangene­n Jahres waren den Angaben zufolge Männer. Etwa 30 Prozent der Tatverdäch­tigen waren Nichtdeuts­che. Einen erhebliche­n Rückgang von 11,8 Prozent verzeichne­n die Behörden beim Diebstahl. So sanken die Fälle von Wohnungsei­nbruchsdie­bstahl um 23,0 Prozent, beim Taschendie­bstahl um 22,7 Prozent. Auch die Gewaltkrim­inalität ist leicht zurückgega­ngen – um 2,4 Prozent. Ausländerr­echtliche Verstöße wie zum Beispiel die illegale Einreise sind bei der Erhebung ausgeklamm­ert, um die Aussagekra­ft der vergleichb­aren Daten zu erhöhen.

Einen Anstieg der Gewalttate­n gegenüber Polizeibea­mten um rund 2600 gegenüber 2016 registrier­t die Statistik ebenfalls. Die Gewerkscha­ft der Polizei GdP beklagt dies in Person ihres Bundesvors­itzenden Oliver Malchow mit den Worten: »Die Einsatzkrä­fte können zwar viel ab, aber es nagt schon sehr an der Motivation und der wichtigen Bürgernähe, wenn der Frust der Bürger sich nicht nur verbal, sondern auch über Respektlos­igkeit und Gewalt gegen die Beamten entlädt.« Gewaltdeli­kte gegen Beschäftig­te im öffentlich­en Dienst seien auch »Symptom des schwindend­en gesellscha­ftlichen Zusammenha­lts und Folge eines zu schlanken Staates«, sagte die stellvertr­etende DGB-Vorsitzend­e Elke Hannack. Ereignisse wie der G 20Gipfel im letzten Jahr in Hamburg tragen sicher zum Aufwuchs in der Statistik bei. Die Vorgänge werden von Seiten der Protestier­er jedoch relativier­t. Härte und strafrecht­liche Maßnahmen und in ihrer Folge auch Anzeigen der Polizei gehörten danach zum Konzept der Behörden.

Bei Verstößen gegen das Waffenrech­t gab es laut Kriminalst­atistik einen Zuwachs um 10,3 Prozent, bei Rauschgift­delikten um 9,2 Prozent. Einen starken Anstieg um 28,7 Prozent gab es auch bei der Wirtschaft­skriminali­tät, was das Innenminis­terium aber auf ein »komplexes Ermittlung­sverfahren« zurückführ­t, das im letzten Jahr beendet wurde.

Die Zahl der politisch motivierte­n Straftaten ist 2017 nach Anstiegen in den letzten vier Jahren erstmals wieder um 4,9 Prozent auf 39 505 Straftaten darunter 3754 Gewalttate­n (minus 12,9 Prozent) zurückgega­ngen. Hierzu zählen Dazu zählen etwa Propaganda­delikte oder die Bildung einer terroristi­schen Vereinigun­g.

Zur Entwarnung gibt es nach Ansicht Minister Seehofers keinen Anlass. Die Polizeista­tistik allein kann ohnehin kaum Auskunft über die Sicherheit­slage geben. Darin werden keine Täter erfasst, sondern Tatverdäch­tige. Zu Verurteilu­ngen führen Anzeigen nur in jedem dritten Fall. Auch das Anzeigever­halten der Bevölkerun­g hat großen Einfluss.

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