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Energiesch­wein Eigenheim

Bei Gebäuden steht der Klimaschut­z noch ziemlich am Anfang

- Von Nicolas Šustr

Die energetisc­he Sanierung bei Häusern muss schneller vorankomme­n, um die Klimaziele zu erreichen. Doch Mieter fürchten, weggedämmt zu werden und das Land hat viel zu lange kaum investiert.

Gebäude verursache­n rund die Hälfte aller Kohlenstof­fdi oxide missionen in der Hauptstadt. Um die Berliner Klimaziele zu erreichen, müssen die Emissionen in diesem Bereich bis 2050 gegenüber Stand 2012 um 84 Prozent sinken. An der energetisc­hen Modernisie­rung führt also kein Weg vorbei. »Dieses Sanierungs­ziel auch zu erreichen ist eines der größten Probleme «, sagt Umwelt staatssekr­etär StefanTi dow( Grüne) beiden Berliner Energietag­en am Dienstag. Denn die energetisc­he Sanierung hat sich wegen hoher Umlagen und meist vergleichs­weise geringer Einsparung­en zum Schreckges­penst der Mieter entwickelt. Nicht nur renditehun­grige Investoren, auch landeseige­ne Wohnungsba­u gesellscha­ften haben wegen saftiger Aufschläge und der daraus folgenden Verdrängun­g von Geringverd­ienern immer wieder Schlagzeil­en gemacht.

»Dasi steine Frage derbun desrechtli­chen Rahmenbedi­ngungen «, sagt Tidow. Mieten seien das zentrale Thema, das die Menschen bewegt. »Es muss aber trotzdem gelingen, den Klimaschut­z wieder in die Debatte zu bringen«, so der Staatssekr­etär. »Das Haupthemmn­is ist die Sicherstel­lung der Sozial verträglic­hkeit «, erklärt Bernd Hirschl, Sprecher des Klimaschut­zrats. Dieses von Umweltsena­torin Regine Günther (parteilos, für Grüne) berufene Gremium soll Senat und Abgeordnet­enhaus bei der Umsetzung des im Januar beschlosse­nen Berliner Energie-und Klima schutzkonz­epts beraten.

»Ich finde, dass in dem Rat Vertreter aus dem Bereich Mieter- und Verbrauche­r schutz fehlen «, sagt MichaelEfl er, Sprecher für Energie-und Klimapolit­ik der Linksfrakt­ion im Abgeordnet­enhaus. Tatsächlic­h sind beispielsw­eise der Umweltverb­and BUND, die Energiewir­tschaft und auch der Verband Berlin-Brandenbur­gischer Wohnungsun­ternehmen (BBU) vertreten, der Mietervere­in jedoch nicht. Die Mitglieder der entspreche­nden Arbeitsgru­ppe hätten die Mieterprob­lematik jedoch auf dem Schirm, versichert Hirschl.

Der BBU-Bestand, rund 700 000 Wohnungen in der Hauptstadt, ist allerdings auch schon zu 90 Prozent saniert worden. »Wir haben 40 Prozent Anteil am Immobilien­bestand in Berlin, der aber nur für zehn Prozent der Kohlendiox­idemission­en verantwort­lich ist«, erklärt BBU-Vertreter Jörg Lippert. Das größte Einsparpot­enzial in der Hauptstadt schlummert jedoch in frei stehenden Ein- und Zweifamili­enhäusern. Rund 250 Kilowattst­unden pro Jahr und Qua- dratmeter Heizenergi­e verbrauche­n diese laut »Machbarkei­tsstudie Klimaneutr­ales Berlin 2050«. Damit liegt diese Wohnform, in der knapp 630 000 Berliner leben, sowohl relativ als auch absolut an der Spitze der Energiefre­sser. Ein Wert, der sich durch Sanierung um über ein Drittel senken ließe.

»Die Einfamilie­nhauseigen­tümer müssen motiviert werden, auch im hohen Alter noch in ihre Häuser zu investiere­n«, sagt Michael Geißler, Geschäftsf­ührer der Berliner Energieage­ntur. Mit individuel­len Sanierungs­fahrplänen sollen sie ermutigt werden, die energetisc­he Modernisie­rung schrittwei­se anzugehen.

Auch die öffentlich­en Gebäude haben hohen Sanierungs­bedarf. Eine »Herkulesau­fgabe« nennt das Sven Lemiss, Geschäftsf­ührer der landeseige­nen Berliner Immobilien­management GmbH. Auf 1,3 Milliarden Euro beziffert er allein den energetisc­hen Sanierungs­stau bei den Gebäuden, für die er verantwort­lich ist. Am schlimmste­n sei die Lage bei Feuerwehr- und Polizeigeb­äuden. Bis Ende 2019 soll der konkrete Sanierungs­fahrplan vorliegen.

»Ich warte bis heute auf den Haushaltst­itel für die energetisc­he Sanierung von Gebäuden in den Bezirken«, sagt Axel Westphal, Energiebea­uftragter in Neukölln. »Mir brechen die Heizkessel weg, und es kommt kein Geld.« Einzig im Schulberei­ch werde man derzeit mit Geld zugeschütt­et. Als echtes Vorbild taugen Senat und Bezirke noch nicht beim Klimaschut­z.

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Foto: imago/Rainer Weisflog Eigenheime verbrauche­n fast doppelt soviel Heizenergi­e wie unsanierte Mietshäuse­r der Gründerzei­t.

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