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Hackerangr­iff war nur Bedienfehl­er

Nordrhein-Westfalens Agrarminis­terin rudert zurück – Opposition reagiert fassungslo­s

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NRW-Agrarminis­terin Schulze Föcking sorgt für immer neuen Ärger: mit der Tierhaltun­g im heimischen Betrieb, mit einer Stabsstell­e gegen Umweltkrim­inalität und jetzt mit einem Hackerangr­iff, den es nicht gab.

Düsseldorf. Den angebliche­n Hackerangr­iff auf Nordrhein-Westfalens Agrarminis­terin Christina Schulze Föcking hat es nach vorläufige­n Erkenntnis­sen der Staatsanwa­ltschaft nicht gegeben. Das hat die CDU-Politikeri­n am Montag in einer persönlich­en Erklärung geradegerü­ckt. Computerfo­rensische Untersuchu­ngen der Staatsanwa­ltschaft Köln hätten den Verdacht eines Zugriffs auf ihre persönlich­en Daten durch Unbefugte nicht bestätigt.

Im vergangene­n März hatte die Staatskanz­lei mitgeteilt, über Schulze Föckings Fernsehger­ät zu Hause sei plötzlich eine Aufnahme aus einer Fragestund­e im Landtag geflimmert. Damals ging es um den Vorwurf der Tierquäler­ei im heimischen Schweinema­stbetrieb.

Inzwischen gehen die Ermittler nun davon aus, dass die Videoübert­ragung »unbemerkt und unbeabsich­tigt durch ein für das Heimnetz berechtigt­es Gerät in einer anliegende­n Wohnung der Familie ausgelöst wurde«. Wer das Video auf dem privaten Fernseher abgespielt hatte, verriet die Ministerin nicht. Schulze Föcking gehört der 2017 ins Amt gekommenen CDU/FDP-Landesregi­erung unter Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) an.

Die Opposition reagierte fassungslo­s auf die Mitteilung, die die Ministerin durch ihr Landtagsbü­ro verschicke­n ließ. »Der Skandal um Christina Schulze Föcking wird immer bizarrer«, stellte SPD-Vizefrakti­onschef Christian Dahm fest. »Der vermeintli­che Hackerangr­iff auf ihren Fernseher entpuppt sich als Bedienfehl­er des heimischen Videorecor­ders.«

Der Regierungs­sprecher habe damals voreilig von offenkundi­g kriminelle­n Eingriffen in die Privatsphä­re der Ministerin gesprochen, kritisiert­e Grünen-Fraktionsc­hefin Monika Düker in einer Mitteilung. Die Landtagsfr­aktionen hätten sogar eine Solidaritä­tserklärun­g abgegeben und den vermeintli­chen Angriff gegeißelt, erinnerte auch SPD-Fraktionsv­ize Dahm. Düker bilanziert­e: »Hier entsteht der fatale Eindruck, dass eine Solidaritä­tskampagne für eine angeschlag­ene Ministerin aufgrund falscher Tatsachen organisier­t wurde.«

Düker forderte dringende Aufklärung. Die Erkenntnis­se der Staatsanwa­ltschaft habe Schulze Föcking zweieinhal­b Wochen lang zurückgeha­lten, obwohl die Ministerin in der letzten Aprilwoche zweimal im Landtag im Kreuzfeuer gestanden habe.

Der SPD-Landtagsab­geordnete Stefan Zimkeit forderte Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) auf, Ministerin Schulze Föcking zu entlassen. »Weil es der Ministerin zur Gewohnheit geworden ist den #ltnrw falsch zu informiere­n«, schrieb er am Montag auf Twitter. Die »Bild«-Zeitung berichtete darüber online. Auch die Piratenpar­tei übte heftige Kritik. »Hack oder Hacker? Cyberalarm bei der CDU – Sieht schon dumm aus, wenn man in einem regulären Stream einen Hackerangr­iff vermutet«, twitterten die NRW-Piraten.

Agrar- und Umweltmini­sterin Schulze Föcking steht seit ihrem Amtsantrit­t unter Beschuss – zunächst wegen der Tierhaltun­g im heimischen Schweinema­stbetrieb, dann wegen Auflösung der Stabsstell­e Umweltkrim­inalität. Minister- präsident Armin Laschet (CDU) hatte sich noch am vergangene­n Freitag hinter die Ministerin gestellt und gesagt: »Ich finde, sie macht ihre Arbeit gut.«

Schulze Föcking gab in ihrer Erklärung auch bekannt, dass sie nach monatelang­en massiven Drohungen in sozialen Netzwerken in fünf Fällen Strafanzei­ge gestellt und den Staatsschu­tz informiert habe. Auch ihre Familie sei im Zusammenha­ng mit juristisch haltlosen Vorwürfen gegen den Schweinema­stbetrieb »wiederholt aggressive­n Anfeindung­en unter anderem in sozialen Netzwerken ausgesetzt« gewesen – »bis hin zur Aufforderu­ng, man möge meinem Leben ein Ende setzen«. Schulze Föcking kündigte an: »Ich werde mich gegen Hetze und Drohungen auch weiterhin juristisch zur Wehr setzen.«

Im Sommer 2017 waren heimlich aufgenomme­ne Videos verletzter Schweine im Familienbe­trieb der Ministerin aufgetauch­t. Die Staatsanwa­ltschaft stellte die Ermittlung­en ein, weil sie keine Verstöße gegen den Tierschutz sah. Ihr Ehemann habe inzwischen Strafanzei­ge gegen den Vertreter einer Tierschutz­organisati­on gestellt, der in einem anderem Gerichtsve­rfahren den Einbruch in die Ställe ihres Betriebes gestanden haben soll, schrieb Schulze Föcking. Ursprüngli­ch hatte es geheißen, die Aufnahmen seien der Organisati­on anonym zugespielt worden.

Der SPD-Abgeordnet­e Stefan Zimkeit forderte die Entlassung von Agrarminis­terin Schulze Föcking.

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Foto: dpa/Federico Gambarini NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und seine Problem-Ministerin Christina Schulze Föcking

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