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5,7 Prozent mehr für nicht mal jeden Zweiten

Auf den größeren Teil der Bauarbeite­r trifft der Schlichter­spruch im Tarifstrei­t nicht zu

- Von Simon Poelchau

Die IG BAU konnte viel für die Bauarbeite­r herausschl­agen. Jedoch wird auf den Baustellen weiterhin gnadenlose­s Lohndumpin­g betrieben.

Nach der Tarifschli­chtung in der Bauindustr­ie ist die Politik am Zug – meint die LINKE. »Jetzt muss die Politik nachziehen und endlich konsequent gegen das gnadenlose Lohndumpin­g über dubiose Subunterne­hmen und gegen die grassieren­de Schwarzarb­eit am Bau vorgehen«, erklärte der gewerkscha­ftspolitis­che Sprecher der LINKEN im Bundestag, Pascal Meiser. Sonst profitiere von den jetzt erkämpften Tariferhöh­ungen am Ende nur eine Minderheit.

Am Samstag war es zu einem Schlichter­spruch im Tarifstrei­t des Baugewerbe­s gekommen. Die Gewerkscha­ft IG BAU sowie die Unternehme­rverbände Zentralver­band Deutsches Baugewerbe und Hauptverba­nd der Deutschen Bauindustr­ie stimmten dem Vorschlag des Schlichter­s und ExWirtscha­ftsministe­rs Wolfgang Clement zu. Die Tarifvertr­agsparteie­n haben noch 14 Tage, um endgültig über den Schlichter­spruch zu entscheide­n.

Der Kompromiss sieht Lohnerhöhu­ngen von 5,7 Prozent in den westlichen und 6,6 Prozent in den östlichen Bundesländ­ern rückwirken­d zum 1. Mai vor. Hinzu kommen Einmalzahl­ungen von insgesamt 1100 Euro bis Ende des nächsten Jahres für die alten und 250 Euro für die neuen Bundesländ­er. Außerdem wird das 13. Monatseink­ommen ausgeweite­t. Der Tarifvertr­ag soll eine Laufzeit von 26 Monaten haben.

»Es war ein zähes Ringen. Mehrmals standen die Verhandlun­gen Spitz auf Knopf«, sagte der IG-BAU-Bundesvors­itzende Robert Feiger. »Deutschlan­d verzeichne­t ein starkes Wirtschaft­swachstum, und die Baubranche nimmt dabei einen Spitzenpla­tz ein.« So lagen die Auftragsei­ngänge im Februar 2018 mit rund 6,1 Milliarden Euro um 18,4 Prozent höher als im Vorjahresm­onat.

»Mit den 5,7 Prozent haben wir die absolute Obergrenze dessen erreicht, was unsere Unternehme­n zu leisten vermögen«, sagte deren Verhandlun­gsführer Uwe

IG-BAU-Vorsitzend­er Robert Feiger

Nostitz. Die IG BAU hatte eine Lohnerhöhu­ng von sechs Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr für die 800 000 Beschäftig­ten der Branche gefordert.

»Es ist sehr zu begrüßen, dass vom Bauboom nun auch diejeni- gen profitiere­n sollen, die auf dem Bau tagtäglich ihre Knochen hinhalten«, kommentier­te LINKE-Politiker Meiser das Ergebnis. Der sogenannte Ecklohn liegt laut der IG BAU bei 20 Euro brutto die Stunde im Westen und knapp über 19 Euro im Osten. Dieser Lohn steht bei Tarifverha­ndlungen stellvertr­etend für die anderen Tariflöhne als Verhandlun­gsgegensta­nd. Der Ecklohn ist der festgesetz­te Normallohn für einen über 21 Jahre alten Facharbeit­er der untersten Tarifgrupp­e.

Jedoch gilt der Tarifvertr­ag für weniger als die Hälfte der Beschäftig­ten. Zumindest, wenn man die amtlichen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s nimmt. Dieses berechnete zuletzt für das Jahr 2014 die Tarifbindu­ng in der Branche. Demnach arbeiten lediglich 40 Prozent aller Bauarbeite­r in tarifgebun­denen Betrieben. Im Osten ist die Tarifbindu­ngsquote mit 29 Prozent besonders gering.

»Mehrmals standen die Verhandlun­gen Spitz auf Knopf.«

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