Diesmal im Herzen Europas
Nelli Tügel über die sich anbahnende Rechtsregierung in Italien
Die rechte Welle rollt weiter durch Europa: Nachdem aus Wahlen in Österreich, Tschechien und Ungarn rechte und rechtsextreme Kräfte gestärkt hervorgingen, befindet sich Italien mehr als zwei Monate nach dem dortigen Urnengang auf der Zielgeraden Richtung Rechtsregierung. Für Migranten, von denen ja nicht wenige in Italien stranden, dürften düstere Zeiten heraufziehen, wenn Lega und Fünf Sterne koalieren. Doch auch Lohnabhängige nimmt sich die Koalition in spe vor: Berichten zufolge haben die beiden Parteien sich auf die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters geeinigt.
Die Bedeutung dieser Regierungsbildung geht allerdings noch weit darüber hinaus. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann sich seine Europa-Reformen abschminken, wenn fortan zwei gegen Euro und EU agitierende Parteien die Geschicke Italiens lenken. Anders als Österreich, Tschechien oder Ungarn ist das Land ein zentrales Rädchen im Getriebe Europas: Es ist nach Deutschland und Frankreich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Jeder achte EU-Bürger ist Italiener. Wenn sich hier das Schiff EU endgültig nach rechts neigt, dann ist ein Sinken gar nicht so unwahrscheinlich. Dafür wirken die EU-Lenker – von der Kommission bis zum Ratspräsidenten, von Merkel bis Macron – noch reichlich entspannt. Oder hilflos. In jedem Fall haben sie dem, was da vor sich geht, offenkundig nichts entgegenzusetzen.