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Rechtsruck in Rom

Italien: Rassistisc­he Lega und Protestpar­tei Fünf-Sterne-Bewegung wollen regieren

- Von Nelli Tügel

In einem der wichtigste­n Länder der EU werden aller Voraussich­t nach zukünftig Rechtsextr­eme und Populisten regieren. Nur die Suche nach einem Premiermin­ister dauert an. »Es wird Geschichte geschriebe­n, und das braucht natürlich ein wenig Zeit.« Mit diesem Statement vertröstet­e am Sonntag Luigi Di Maio, Chef der zwischen rechts und links mäandernde­n Protestpar­tei Fünf-Sterne-Bewegung, all jene, die auf die Verkündung des künftigen Premiermin­isters Italiens gehofft hatten. Über Namen habe man nicht gesprochen mit

»Es wird Geschichte geschriebe­n, und das braucht natürlich ein wenig Zeit.«

Luigi Di Maio, Chef der Fünf-Sterne-Bewegung dem voraussich­tlichen Koalitions­partner. Das Verhandlun­gsklima der in Mailand geführten Gespräche mit der rechten, offen rassistisc­hen Lega sei aber »ausgezeich­net« gewesen, betonte Di Maio.

Er selbst hatte ebenso wie der Lega-Chef Matteo Salvini nach den Wahlen am 4. März Ansprüche auf das Amt des Regierungs­chefs angemeldet. Spekuliert wird nun darüber, dass weder Di Maio noch Salvini den Posten des Premiers übernehmen, sondern eine dritte, »neutralere« Person. Medien berichtete­n, dass sich die Entscheidu­ng noch bis in die Woche ziehen könnte. Fortschrit­te gab es indes bei den Verhandlun­gen über ein Regierungs­programm, nachdem in der vergangene­n Woche die Gespräche zur Regierungs­bildung aufgenomme­n worden waren. Am Samstag hatten die Parteien sich auf eine »Grundsatze­inigung« verständig­t. »Es gibt im Wesentlich­en eine Vereinbaru­ng über die entscheide­nden Punkte«, sagte Salvini. Auch Di Maio gab sich zuversicht­lich: »Wir sind auf dem richtigen Weg.« Bis Sonntag sollten Staatspräs­ident Sergio Mattarella weitere Ergebnisse präsentier­t werden. Ob noch am Sonntag ein »Regierungs­vertrag« vorgelegt werden würde, war bis zum Redaktions­schluss jedoch unklar.

Sowohl die Lega als auch die Fünf Sterne haben angekündig­t, sich ge- gen ein »Diktat« aus Brüssel stemmen zu wollen. Auf dem Tisch sei die »Neuverhand­lung der EU-Verträge«, sagte Salvini, »andernfall­s erstickt Italien, und in dieser Sache scheint es mir ein gemeinsame­s Anliegen«. Vor allem gegen das Dublin-Abkommen zur Migration, wonach Flüchtling­e in dem Land Asyl beantragen sollen, in dem sie erstmals die EU betreten, wollen beide vorgehen.

Sollten sich die Lega und die Fünf Sterne allen Erwartunge­n zum Trotz doch nicht auf eine Regierung eini- gen können, drohen die Bildung einer technische­n Übergangsr­egierung und letztendli­ch Neuwahlen. Dies könnte Ex-Ministerpr­äsident Silvio Berlusconi freuen: Ein Gericht in Mailand entschied am Wochenende, dass er nach einer rund fünf Jahren langen Ämtersperr­e wieder für ein politische­s Amt kandidiere­n darf. Der Mailander Medienunte­rnehmer war 2013 wegen Steuerbetr­ugs verurteilt und anschließe­nd aus dem Senat ausgeschlo­ssen worden.

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Foto: dpa/Andrew Medichini Ein Graffito in Rom zeigt den Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und Lega-Chef Matteo Salvini.

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