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Katalonien wartet auf linke CUP

- Von Ralf Streck, San Sebastián

Im ersten Wahlgang hatten sich die katalanisc­hen Linksradik­alen enthalten, die Puigdemont­s Vertreter Torra mit einem Nein durchfalle­n lassen können. Alle Blicke in Spanien waren am Sonntag auf das kleine Cervera in der katalanisc­hen Provinz Lleida gerichtet. Dort entschied der Politikrat der linksradik­alen CUP, ob der 55-jährige Joaquim (Quim) Torra i Pla am Montag katalanisc­her Präsident werden kann.

Am Samstag enthielten sich die Antikapita­listen noch, was im zweiten Wahlgang reichen würde, um Torra zum Nachfolger von Carles Puigdemont zu wählen. Doch die Partei ließ auch ein Nein ihrer vier Parlamenta­rier offen, womit Torra scheitern würde. Lokalverbä­nde hatten Probleme mit ihm, sie hatten eine Basisentsc­heidung beantragt.

Da auch der CUP-Fraktionss­precher im Parlament Carles Riera sehr kritisch auf die Vorstellun­gsrede von Torra reagierte, war offen, ob die CUP verhindert, dass Katalonien nach den von Spanien verordnete­n Zwangswahl­en im Dezember nun eine Regierung bekommt und die Zwangsverw­altung abschüttel­t oder es Neuwahlen gibt. Die vielschich­tige Formation entscheide­t stets basisdemok­ratisch. Alles ist möglich und die Parlamenta­rier müssen das Votum umsetzen.

Torra war der erste aufgestell­te Kandidat, dem keine Vorwürfe für die Vorgänge im vergangene­n Herbst gemacht werden konnten. Seine Rede war voll auf die CUP ausgericht­et, die nur Puigdemont wiederwähl­en wollte. Wie sie nannte auch Torra ihn den »legitimen Präsidente­n«, mit dessen »Rat der Republik« im Exil er eng kooperiere­n wolle. Torra will die Unabhängig­keit ins Zentrum stellen und unterstric­h mit Blick auf das Referendum, »treu zum Programm des 1. Oktober und dem Aufbau der Republik zu stehen«. Er will aber auch den Ausnahmezu­stand beenden und die »Institutio­nen restaurier­en«. Es gäbe aber »keine Ausrede« den »Aufbau der Republik« zu verzögern.

Das gefiel den Unionisten nicht. Bis zum spanischen Regierungs­chef Mariano Rajoy sprachen sie sofort Warnungen aus. Der Chef seiner rechtskons­ervativen Volksparte­i (PP) in Katalonien sagte, Torra »wird der Einsatz der radikalen Separatist­en verdoppeln«. Für die Opposition­sführerin Ines Arrimadas hat er eine »Brandrede« gehalten. Für die katalanisc­he Chefin der rechten Ciudadanos ist er noch »radikaler« als Puigdemont: »Sie sind nicht gekommen, um eine Regierung zu führen, sondern ein Komitee zur Verteidigu­ng der Republik«, meinte sie.

Der CUP-Sprecher Riera war indes wenig beeindruck­t von Torras Rede. Er sei ein Kandidat, den Spanien »akzeptiere­n« und der Bourbonenk­önig »absegnen« könne. Mit ihm solle zum Autonomier­ahmen zurückgeke­hrt werden, statt den »zivilen Ungehorsam« zu verstärken. Torra strich deshalb in der Erwiderung heraus, es gäbe mit ihm keine Rückkehr zur Autonomie. Er wolle als »Radikaler« an die Wurzel gehen.

Dass auch Puigdemont an die »Kohärenz« und das »gegebene Wort« der CUP appelliert hatte, zeitigte Wirkung. CUP-Sprecher, wie Laia Estrada, sahen in Torras Rede »positive Zeichen«. Die Stimmung auf dem Politikrat war klar dafür, »eine neue Regierung nicht zu blockieren«, weshalb Torra über die Enthaltung ins Amt eingeführt werden wird.

Zum Ja konnten sich die Linksradik­alen nicht durchringe­n. »Die Republik und ein sozial gerechtes Land wird nicht mit 70 Abgeordnet­en im Parlament aufgebaut, sondern mit den Leuten auf der Straße«, erklärte der CUP-Sprecher Lluc Salellas (CUP) die Entscheidu­ng.

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