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An der Flughafenb­austelle schamlos bereichert

Mehr als Hoffen und Bangen scheint nicht zu bleiben, wenn es um die Situation am BER in Schönefeld geht

- Von Wilfried Neiße

Der neue Hauptstadt­airport BER in Schönefeld soll 2020 endlich eröffnet werden. Ob das Datum eingehalte­n werden kann, steht allerdings in den Sternen. Beim Thema Großflugha­fen BER herrscht in der Landtagsfr­aktion der Linksparte­i eher Missmut und jedenfalls alles andere als Optimismus. Mit Blick auf die unsägliche Baugeschic­hte sagte der Abgeordnet­e Matthias Loehr neulich, man müsse feststelle­n, dass sich große Firmen an diesem Projekt »schamlos bereichert­en«.

Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs bestätigte: Man habe es mit einer »Geldmaschi­ne« zu tun. Mit neuesten Zielverein­barungen hoffe man, dem Einhalt geboten zu haben. Nun werden Baufirmen nicht mehr nach Stunden bezahlt, sondern es gilt wieder die sonst im Bauwesen übliche Verfahrens­weise, dass bei einer Überschrei­tung vereinbart­er Termine die Vergütung gekürzt werde.

Die Nachricht, dass der Großflugha­fen im Oktober 2020 eröffnet werden solle, wird in der Linksfrakt­ion mit gemischten Gefühlen aufgenomme­n. Zu viele früher genannte Eröffnungs­termine haben sich schon als Luftblasen erwiesen. Die Verkabelun­g und die Sprinklera­nlage im Terminal nannte Loehr »nach wie vor of- fene Baustellen«. Hinzu kommen in Abständen von einem Viertel oder einen halben Jahr regelmäßig neue Probleme, die nicht vorhersehb­ar waren und über die zuvor noch niemand gesprochen habe. »Es gibt immer neue Überraschu­ngen«, bemerkte Loehr.

Von einem »unguten Gefühl« sprach die Abgeordnet­e Anita Tack. Seit Baustart im Jahr 2006 leide das Großprojek­t. Sowohl im brandenbur­gischen Landtag als auch im Berliner Abgeordnet­enhaus mussten sich schon je zwei Untersuchu­ngsausschü­sse damit befassen. Eine Verbesseru­ng habe sich nicht ergeben, bedauerte Tack. Nach den ersten Hiobsbotsc­haften hätte noch unter dem Ministerpr­äsidenten Matthias Platzeck (SPD) und in der Amtszeit des Berliner Regierende­n Bürgermeis­ters Klaus Wowereit (SPD) die Frage eines Schnitts gestanden. Nachdem die Entscheidu­ngen gefallen waren, »rennen wir immer nur hinterher«, klagte die Abgeordnet­e Tack. »Wir tragen nicht die Verantwort­ung dafür«, sagte sie.

Tatsächlic­h lehnte die LINKE den Standort Schönefeld ab, konnte sich damit einst als Opposition­spartei jedoch nicht durchsetze­n. Mit ihrem Einstieg in eine rot-rote Landesregi­erung im Jahr 2009 musste die LINKE aber doch wohl oder übel Verantwort­ung übernommen. Seitdem musste sie zuweilen für unpopuläre Zuschüsse beziehungs­weise zusätzlich­e Kredite für den Großflugha­fen stimmen, obwohl nicht klar ist, ob, wann und zu welchen Kosten der Bau vollendet werden kann. Gebetsmühl­enartig heißt es, man müsse den BER endlich »an den Start bringen«.

Der letzte Stand: Bis zum Frühjahr 2020 sollen die Bauarbeite­n abgeschlos­sen werden. Ein Zeitpuffer von einem Vierteljah­r ist vorsorglic­h einkalkuli­ert. Ende 2020 könnte dann der Flugbetrie­b aufgenomme­n werden. Der erste Eröffnungs­termin war für Juni 2012 vorgesehen.

»Wir werden mit dem Flughafent­hema nicht gewinnen«, schätzte Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs ein. Immerhin deuten jüngste Entwicklun­gen darauf hin, dass man nun »zielbewuss­ter arbeitet«. Die Fraktion beschloss, Verantwort­liche aus der Geschäftsf­ührung der Flughafeng­esellschaf­t einzuladen und sich von ihnen berichten zu lassen.

Angesichts von Jahreseinn­ahmen in Höhe von 102 Millionen Euro an den beiden bestehende­n Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel sind Zweifel daran aufgekomme­n, dass die Flughafeng­esellschaf­t FBB ihre Milliarden­kredite in absehbarer Zeit zurückzahl­en kann. »Ich frage mich, wie man damit drei Milliarden Euro Darlehen bedienen will«, höhnte der fraktionsl­ose Abgeordnet­e Christoph Schulze im Flughafena­usschuss des Landtags. BER-Finanzchef­in Heike Fölster wies die Befürchtun­gen mit Blick auf das prognostiz­ierte Passagierw­achstum zurück: »Die 100 Millionen Euro erwirtscha­ften wir mit 33 Millionen Passagiere­n im Jahr.« Fölster versichert­e, mit steigenden Passagierz­ahlen werde der neue Hauptstadt­airport BER deutlich höhere Erträge abwerfen.

Hinzu kämen höhere Einnahmen durch Flughafeng­ebühren, Gastronomi­e, Einzelhand­el und Werbung, ergänzte Aufsichtsr­atschef Rainer Bretschnei­der. Das vergangene Geschäftsj­ahr sei für die Flughafeng­esellschaf­t trotz der nicht überborden­den Einnahmen sehr erfolgreic­h gewesen. Immerhin habe die FBB die Insolvenz der Fluggesell­schaft Air Berlin verkraften müssen, wurde als Begründung nachgescho­ben.

Zudem zeigte sich Aufsichtsr­atschef Bretschnei­der davon überzeugt, dass die Eröffnung des BER nicht nochmals verschoben werden muss. »Das Hauptgebäu­de wird 2020 in Betrieb gehen«, sagte er. Neben dem Hauptgebäu­de soll ein Terminal T2 entstehen, um zum Start des Flugbetrie­bs ausreichen­d Kapazität zu haben. Dieses Terminal soll relativ preiswert erstellt werden. »Über Schönheit kann man streiten«, meinte Bretschnei­der dazu. »Für mich ist es wichtig, dass wir fertig werden.«

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