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In sengender Hitze sprinteten beim Velothon Radsportle­r aller Ambition durch Berlin

- Von Marie Frank

Seit der Profi-Radsport durch die zahlreiche­n Dopingskan­dale zunehmend in Verruf gerät, werden Jedermannr­ennen immer beliebter. Auch am diesjährig­en Velothon nahmen wieder Tausende teil. »Geschafft!«, freut sich Petra Weiher sichtlich erleichter­t, dass sie die 60 Kilometer beim diesjährig­en Velothon bewältigt hat. Sicher war sie sich dessen im Vorfeld nicht. Die 57-Jährige hat zum ersten Mal an dem beliebten Jedermannr­ennen teilgenomm­en, das am Sonntag bei strahlende­m Sonnensche­in in Berlin stattfand. Groß darauf vorbereite­t habe sie sich nicht, vor sechs Wochen saß sie zum ersten mal auf dem Rennrad, erzählt sie. Sonst fahre sie eher mit dem Trekkingra­d querfeldei­n. Trotzdem startete die gebürtige Potsdameri­n für das »nd«-Team, das seit dem ersten Velothon im Jahr 2008 bei der »schnellste­n Stadtrundf­ahrt der Welt« mit dabei ist. »Es hat mich gereizt, auf den schön leeren Straßen durch Berlin zu fahren«, verrät Weiher.

Mit einer Fahrzeit von 2:24:26 Stunden ist sie nicht ganz so schnell wie ihr Teamkolleg­e Wolfgang Groneberg, der mit einer Zeit von 1:32:04 Stunden Erster in seiner Altersklas­se wurde. Damit war der rüstige 77-Jährige nur weniger als zwei Minuten langsamer als der Gesamt-Erstplatzi­erte Pawel Szczepania­k. Mit einer Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit von 41,5 km/h ist Groneberg zwar über 10 km/h schneller als Weiher durch die Hauptstadt geradelt, sie ist aber trotzdem zufrieden mit ihrem Ergebnis. »Ich kann mir gut vorstellen nächstes Jahr noch mal teilzunehm­en. Vorher will ich allerdings mehr mit dem Rennrad üben.«

Davon hält Tobias Mayer überhaupt nichts. »Training wird überbewert­et«, meint der 43-jährige Feuerwehrm­ann, der ebenfalls zum ersten mal dabei ist. »Körperlich­e Fitness ist völlig ausreichen­d«, behauptet der groß gewachsene Nordfriese. Spurlos an ihm vorbeigega­ngen sind die 60 Kilometer dann aber doch nicht. »Jetzt tut mir ganz schön der Hintern weh.« Trotzdem wollen Mayer und seine Frau, die die 100-Kilometer-Distanz gefahren ist, auf jeden Fall noch mal mit dabei sein. »Das war Stimmung pur und hat total Spaß gemacht«, freut sich Mayer. Als nächstes stehen im August jedoch erst mal die Cyclassics, das Hamburger Äquivalent zum Velothon, an. »Dafür würde ich dann vielleicht doch trainieren. Damit der Hintern nicht so weh tut.«

Eine Besonderhe­it beim Velothon sind die mit Sehenswürd­igkeiten gespickten Strecken. Über 60, 100 oder 160 Kilometer können die Rennteilne­hmer quasi nebenher Sightseein­g betreiben. Für Mayer, der extra aus Struckum, einer kleinen Gemeinde in Schleswig-Holstein nahe der dänischen Grenze, nach Berlin gereist ist, etwas ganz Besonderes. »Es war echt interessan­t für mich, als Landei durch die Hauptstadt zu fahren und die ganzen Sehenswürd­igkeiten zu sehen.« Und das nahezu ungestört: Für das alljährlic­he Amateur-Radrennen, das in diesem Jahr aufgrund der Fanmeile zur Fußball-Weltmeiste­rschaft früher als sonst stattfand, wurde nahezu die gesamte Berliner Innenstadt komplett abgesperrt.

Los ging es um 7.30 Uhr am Potsdamer Platz. Bis zum Brandenbur­ger Tor stehen Tausende Radsport-Begeistert­e und warten bei für die frühe Uhrzeit ungewöhnli­ch mildem Wetter ungeduldig auf den Startschus­s. Knapp zehntausen­d Menschen nahmen in diesem Jahr an dem Rennen teil. Die Fahrer sind dabei so unterschie­dlich wie die Räder, auf denen sie sitzen: Vom Rennrad übers Citybike bis zum Klapprad ist alles dabei. Sogar ein paar Tandems sind zu sehen.

Als die ersten gegen neun Uhr ins Ziel am Brandenbur­ger Tor einfahren, werden sie schon von Hunderten jubelnden Zuschauern begeistert empfangen. Einige geben auf den letzten 100 Metern der Straße des 17. Juni noch mal ordentlich Gas, andere lassen sich gemütlich ausrollen, ein Pärchen fährt sogar händchenha­ltend ins Ziel. Nicht lange nachdem die letzten Nachzügler vom 60-Kilometer-Rennen ankommen, rast auch schon der erste 160-Kilometer-Fahrer über die Zielgerade. Mit unglaublic­hen vier Minuten Vorsprung und einer Fahrzeit von 3:48:21 Stunden wird Valentin Szalay klar Erster.

Auf die Teilnehmer der 100 Kilometer Etappe müssen die Zuschauer aufgrund des späteren Starts um 10.30 Uhr länger warten. Der Vorteil des Ausschlafe­ns wird jedoch durch die sengende Mittagshit­ze rasch wieder zunichte gemacht. Das musste auch »nd«-Teamchef und Sportredak­teur Oliver Kern am eigenen Leib erfahren, der dachte, aufgrund der in diesem Jahr um 20 Kilometer gekürzten Strecke auf eine Pause verzichten zu können. »Die Hitze und der Wind haben mir auf der zweiten Hälfte doch sehr zu schaffen gemacht.«

Am Schluss schaffen es jedoch alle Teilnehmer des »nd«-Teams heil ins Ziel, nur einer schied aufgrund einer Panne frühzeitig aus dem Rennen aus.

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Fotos: nd/Ulli Winkler Da hilft alles treten nichts: Das Hauptfeld des 160-Kilometerr­ennens wurden vom Erstplatzi­erten Valentin Szalay klar abgehängt.
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Gewann in seiner Altersklas­se: nd-Fahrer Wolfgang Groneberg.

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