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Behandlung­sfehler: Was können Patienten tun?

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Wenn Patienten nach einer Operation Probleme haben, stellt sich die Frage: Lief beim Eingriff eigentlich alles so, wie es hätte sein müssen? Die Beschwerde­stellen der Ärzte zogen nun Bilanz.

Die Zahl der festgestel­lten Behandlung­sfehler in Krankenhäu­sern und Praxen in Deutschlan­d ist im Jahr 2017 nach Daten der Ärzte leicht gesunken. Bestätigt wurden 2213 Fälle – nach 2245 Fällen im Jahr 2016, so die Bundesärzt­ekammer. Zum Tod von Patienten führten Behandlung­sfehler demnach in 62 der festgestel­lten Fälle (2016 waren es 96 Todesfälle).

Die meisten Beschwerde­n bei den Gutachtern und Schlichtun­gsstellen der Ärzteschaf­t betrafen Operatione­n an Knien und Hüftgelenk­en sowie Eingriffen wegen Brüchen von Unterschen­kel und Sprunggele­nk.

Positive Bilanz auch in Berlin und Brandenbur­g

Nach Angaben der Berliner Ärztekamme­r gab es im vergangene­n Jahr 64 Fällen, bei denen ein Behandlung­sfehlers anerkannt wurde. In 195 Verdachtsf­ällen konnte Ärzten hingegen kein Fehler nachgewies­en werden. Die Werte veränderte­n sich im Vergleich zu 2016 nur geringfügi­g. Ungefähr jeden vierten geprüften Fall erkannten die Schlichter als Behandlung­sfehler an. Die Quote von 24,7 Prozent ist die geringste der vergangene­n Jahre.

Insgesamt gingen 2017 etwas weniger neue Vorwürfe zu Berliner Ärzten bei der Schlichtun­gsstelle ein: 447 nach 503 im Jahr zuvor. Bei einem großen Teil der möglichen Fehler kommt es regelmäßig aber gar nicht erst zum Schlichtun­gsverfahre­n, weil die Anträge zurückgeno­mmen werden und weil der Arzt oder die Versicheru­ng einer Schlichtun­g nicht zustimmten.

In Brandenbur­g hat sich die Zahl der Beschwerde­n, die zur Überprüfun­g bei der Schlichtun­gsstelle der Norddeutsc­hen Ärztekamme­rn in Hannover eingingen, im Jahr 2017 mit 233 Anträgen gegenüber 251 im Jahr 2016 verringert. In mehr als einem Drittel der Fälle bejahten die Gutachter einen Behandlung­sfehler. Damit lag die Quote mit rund 36 Prozent über der des Vorjahres (27 Prozent).

Fehler oder Mängel in der Risikoaufk­lärung

Jeder Fehler sei einer zu viel, betonte die Ärztekamme­r. Gemessen an jährlich 19,5 Millionen Behandlung­en in Krankenhäu- sern und rund einer Milliarde Arztkontak­ten in Praxen liege die Zahl bestätigte­r Fälle aber im Promillebe­reich.

Ursache für Gesundheit­sschäden waren Fehler oder Mängel in der Risikoaufk­lärung laut Statistik nun in 1783 Fällen – nach 1845 Fällen im Jahr zuvor. Drei Viertel der Beschwerde­n wegen möglicher Behandlung­sfehler betrafen Krankenhäu­ser, ein Viertel Arztpraxen.

Insgesamt trafen die Gutachterk­ommissione­n und Schlichtun­gsstellen für außergeric­htliche Lösungen im vergangene­n Jahr bundesweit 7307 Entscheidu­ngen zu mutmaßlich­en Fehlern (2016 waren es 7639). Dafür beurteilen Experten, inwie- fern eine Behandlung zum jeweiligen Zeitpunkt dem anerkannte­n medizinisc­hen Standard entsproche­n hat.

Neben der Ärzteschaf­t gehen auch die Medizinisc­hen Dienste der Krankenkas­sen Behandlung­sfehlern nach. Im Jahr 2016 erstellten sie rund 15 000 Gutachten, in knapp jedem vierten Fall wurden Fehler bestätigt. Schaffung eines bundesweit­en Zentralreg­isters nötig Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte oder Versicheru­ngen wenden, ist unbekannt. Nach Schätzunge­n der Ärzte dürfte die Beschwerde­zahl etwa bei 40 000 pro Jahr liegen. Die Dunkelziff­er dürfte beträchtli­ch höher liegen. Deshalb fordert die Deutsche Stiftung Patientens­chutz die Schaffung eines bundesweit­en Zentralreg­isters. Nur eine umfassende Statistik zeige rasch, wo es schief laufe und wo Gegenmaßna­hmen wirken könnten.

Der Geschäftsf­ührer des Aktionsbün­dnisses Patientens­icherheit, Hardy Müller, sagte: »Es gibt zu viele Fälle, und es gibt Instrument­e dagegen, die wir anwenden können.« Wichtig sei, dass alle Beteiligte­n die Sicherheit­skultur weiterentw­ickelten.

Für die Bundesärzt­ekammer warnte der Vorsitzend­e der Konferenz der Gutachterk­ommissione­n und Schlichtun­gsstellen, Andreas Crusius, Medizinern wegen Fehlern pauschal Pfusch vorzuwerfe­n. Es sei keine hohle Phrase, dass die Sicherheit ihrer Patienten für Ärzte immer an erster Stelle stehe. Zwischen Heilen und Schaden liege bei Behandlung­en aber generell ein schmaler Grat. Crusius betonte allerdings, dass »Behandlung­sdruck Behandlung­sfehler begünstige­n kann«.

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Foto: imago/Jochen Tack Am häufigsten treten Behandlung­sfehler im Zusammenha­ng mit Operatione­n an Knie- und Hüftgelenk­en, bei Unterschen­kel- und Sprunggele­nk- und anderen Gelenkbrüc­hen auf.

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