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Beitrag auf dem Prüfstand

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Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss finanziert werden und dabei unabhängig bleiben. Aber ist der Rundfunkbe­itrag dafür ein gerechtes Modell?

Karlsruhe. Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe prüft seit Mittwoch die Rechtmäßig­keit des Rundfunkbe­itrags und hat gleich zu Beginn kritische Fragen gestellt. Der Beitrag werfe »Probleme einer gleichheit­sgerechten Belastung auf«, sagte am Mittwoch der Vorsitzend­e des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof, zum Auftakt der zweitägige­n Verhandlun­g.

Das Geld wird seit einer Reform 2013 pro Wohnung und nicht mehr wie zu Zeiten der Gebührenei­nzugszentr­ale (GEZ) nach Art und Zahl von Empfangsge­räten erhoben. Bei Firmen ist unter anderem die Zahl der Dienstwage­n Grundlage der Beitragshö­he. So könnte es nach Worten Kirchhofs unter Gleichheit­sgesichtsp­unkten problemati­sch sein, dass für private Fahrzeuge kein Beitrag fällig sei, für Dienst- oder Mietwagen hingegen schon. Außerdem würden mit einem Beitrag pro Wohnung alle anderen darin wohnenden Personen entlastet – auch das könnte auf eine Ungleichbe­handlung hindeuten.

Der Autovermie­ter Sixt, der sich neben drei Privatpers­onen gegen den Beitrag wehrt, kritisiert­e die für ihn entstehend­e Mehrfachbe­lastung scharf. »Der Grundsatz der Belastungs­gleichheit wird in eklatanter Weise verletzt«, sagte Sixt-Vertreter Christoph Degenhart. Einer der privaten Beschwerde­führer, Bernhard Wietschork­e, sprach sich für einen personenbe­zogenen Beitrag aus. Bei einer Abgabe pro Wohnung würden Einpersone­nhaushalte klar benachteil­igt. Das gelte auch für Besitzer von Zweitwohnu­ngen.

Die Vertreter der öffentlich­rechtliche­n Rundfunkan­stalten ARD, ZDF und Deutschlan­dradio verteidigt­en die umstritten­e Abgabe. Sie sei die logische Folge der sich verändernd­en Nutzung durch neuartige Empfangsge­räte gewesen, sagte der ARD-Vorsitzend­e Ulrich Wilhelm. »Befürchtun­gen tektonisch­er Verschiebu­ngen durch die Reform haben sich nicht bewahrheit­et.«

Da immer mehr Nutzer sich der früheren GEZ-Gebühr mit dem Hinweis entzogen hätten, weder Fernseher noch Radio zu besitzen, sei eine »Erosion der finanziell­en Grundlagen für die Öffentlich-Rechtliche­n befürchtet worden«, sagte Heike Raab, Staatssekr­etärin in RheinlandP­falz, die für den Länderkrei­s sprach. »Jetzt haben wir eine zeitgemäße und verlässlic­he Basis für die Finanzieru­ng des Angebots«, von dem die gesamte Gesellscha­ft profitiere.

Auch habe es erhebliche Kritikpunk­te am alten System gegeben. »Der Schutz der Privatsphä­re wird nur gewährleis­tet, wenn man den Beitrag nicht an das Gerät, sondern an die Wohnung knüpft«, sagte dazu der Vertreter des ZDF, Joachim Wieland. Er spielte damit auf die Praxis an, dass vor 2013 Mitarbeite­r der damaligen GEZ mit Haustürbes­uchen überprüfte­n, ob in einer Wohnung ein Gerät stand oder nicht. Das sei mit Blick auf den Schutz der Privatsphä­re ein Problem gewesen und durch die Reform gelöst worden.

Zur Debatte stand auch die Frage, ob es sich bei dem Beitrag um eine Steuer handelt. Eine Steuer erfolgt ohne spezielle Gegenleist­ung, einem Beitrag muss eine Gegenleist­ung – in dem Fall das Angebot des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks – zugrunde liegen. In ihren Nachfragen machten die Richter deutlich, dass sie die Argumentat­ion der Beschwerde­führer kritisch sehen, da der Zusammenha­ng des Beitrags mit der Finanzieru­ng des Rundfunks aus dem Staatsvert­rag hervorgehe. Die Richter prüfen zwei Tage lang, ob der Beitrag für die öffentlich­rechtliche­n Rundfunkan­stalten in seiner jetzigen Form zu Recht erhoben wird.

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