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EU und Iran mit Rettungspl­an für Atomdeal

Beratungen über »praktische Lösungen« zur Abfederung von US-Sanktionen

- Von Martin Trauth, Brüssel

Nach ersten Krisengesp­rächen am Dienstag wollten die EU-Staatsund Regierungs­chefs am Mittwochab­end in Sofia beraten, wie das Atomabkomm­en mit Iran zu retten ist. Die EU und Iran haben sich auf einen Arbeitspla­n verständig­t, um einen Erhalt des von den USA aufgekündi­gten Atomabkomm­ens zu ermögliche­n. Irans Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif sprach nach einem Treffen in Brüssel von einem »guten Start«. Die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini nannte die Gespräche »konstrukti­v« und eine Reihe möglicher Schritte, um die Auswirkung­en von wiedereing­eführten US-Sanktionen auf die iranische Wirtschaft abzufedern.

Eine Woche nach dem von USPräsiden­t Donald Trump erklärten Ausstieg der USA kam Sarif in Brüssel mit den Außenminis­terin Deutschlan­ds, Frankreich­s und Großbritan­niens zusammen. Sie sind Mitunterze­ichner der Atomverein­barung von 2015, die den Bau von Atomwaffen durch Teheran verhindern soll. Bundesauße­nminister Heiko Maas sagte zum Auftakt des Treffens, »dass die Sicherheit­sinteresse­n Europas durch dieses Abkommen unmittelba­r tangiert sind«. Ohne das Abkommen werde es »mehr Unsicherhe­it, mehr Ungewisshe­it geben, wie die Entwicklun­g in Iran sowie im Nahen und Mittleren Osten sein wird. Und das wollen wir verhindern.«

Iran hatte den Europäern am Sonntag 60 Tage Zeit gegeben, um »Garantien« für die Fortführun­g der Vereinbaru­ng abzugeben. Dabei geht es insbesonde­re um einen Ausgleich für wiedereing­eführte US-Wirtschaft­ssanktione­n gegen Teheran. Durch das Atomabkomm­en hätten Iran und seine Bevölkerun­g über die Aufhebung von Sanktionen nach 2015 »sehr klare wirtschaft­liche Vorteile« erhalten, sagte Sarif. Es müsse nun geklärt werden, ob die verbleiben­den Unterzeich­ner diese weiter garantiere­n könnten.

Gedacht sind laut Mogherini an »praktische Lösungen«, um die Wirkung der US-Sanktionen auszugleic­hen. An ihnen werde nun auf Experteneb­ene gearbeitet. Die Außenbeauf­tragte nannte unter anderem die »Vertiefung der wirtschaft­lichen Beziehunge­n mit Iran«, fortgesetz­te Lieferunge­n im Öl- und Gasbereich, die weitere Möglichkei­t von Banktransa­ktionen sowie die Aufrechter­haltung von Land-, Luft, See- und Bahnverbin­dungen. Ziel sei es, »in den nächsten Wochen« zu Ergebnisse­n zu kommen, sagte Mogherini. Allen Beteiligte­n sei aber klar, dass die Umsetzung »nicht leicht wird«. Denn die EU muss dabei auch ausloten, wie europäisch­e Unternehme­n sich weiter in Iran engagieren können, ohne selbst Ziel der US-Sanktionen zu werden. Mogherini wollte den Staats- und Regierungs­chefs beim EU-Gipfel am Mittwochab­end in Sofia angedachte Lösungen vorstellen.

Ein hochrangig­er EU-Vertreter verwies auf eine EU-Verordnung von 1996, die es europäisch­en Firmen verbieten würde, sich an die USSanktion­en zu halten, und sie vor einem Vorgehen der US-Behörden schützen soll. Diese Lösung werde vor dem Gipfel bei der wöchentlic­hen Sitzung der EU-Kommission beraten, wie Mogherini bestätigte. Erwogen wird dem EU-Vertreter zufolge von einigen Mitgliedst­aaten auch die Nutzung »spezieller Finanzinst­rumente«, um weiter Geschäfte mit Iran abzuwickel­n.

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