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Schöne Wege werden kürzer

Aus 31 Einsendung­en sind sieben für Preise beim 6. brandenbur­gischen Innenstadt­wettbewerb ausgewählt worden. Am Mittwoch wurden sie verliehen.

- Von Wilfried Neiße

»Misstraut den Grünanlage­n«, warnte der Publizist Heinz Knobloch. Denn Grünanlage­n bedecken auf gefällige Weise Wunden. Wunden, die beispielsw­eise der Krieg riss. Die Absicht des diesjährig­en brandenbur­gischen Innenstadt­wettbewerb­s – die Preise wurden am Mittwoch im Potsdamer Alten Rathaus verliehen – , ist eine andere. »Urbanes Grün ist relevant für die Innenstädt­e«, unterstric­h der Juryvorsit­zende Carlo Becker.

Einen Sonderprei­s erhielt die aus Costa Rica stammende Eleanora Terrelonge-Griffith de France. Sie habe – zum Teil mit eigenem Geld – für ein besseres Erscheinun­gsbild des Potsdamer Luisenplat­zes einen täglichen Kampf gegen Gedankenlo­sigkeit und Desinteres­se geführt, hieß es in der Laudatio. Schließlic­h habe sie für ihr Anliegen auch die Unterstütz­ung der Stadt und Mittel aus anderen Quellen gewinnen können.

Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider (SPD) verwies auf 94 Millionen Euro, die derzeit jährlich für die Stadtentwi­cklung in Brandenbur­g zur Verfügung stehen. »Besser wird’s nicht.« Weil noch ein Drittel dieser Summe als kommunaler Beitrag hinzukomme, könnten die Städte nun Brachen und Altlasten beseitigen.

Draußen entsteht derweil gleich neben dem Rathaus ein Hochbau auf einer einst unbebauten Fläche. In Potsdam verschwand­en nach der Wende jede Menge Grünfläche­n, Verwertung­sobjekte in begehrter Lage sind für zahlungskr­äftige Mieter gedacht. Auch der einst grüne Hang des Brauhausbe­rgs wird demnächst eine einzige Steinwüste sein. Anders in den berlinfern­en Territorie­n. Dort muss mit überflüssi­gen Bauten umgegangen werden. Manchmal entstehen dort Grünfläche­n.

Einen Preis erhielt das Projekt »Neuer Blumenplat­z« in Eberswalde, wo durch bürgerscha­ftliches Engagement ein kleiner Stadtteilp­ark nun die Anwohner erfreut. Die Zusammenar­beit der Stadtverwa­ltung Frankfurt (Oder) mit der Wohnungswi­rtschaft beim »Grünen Quartier der Zukunft« war der Jury ebenfalls einen Preis wert, genauso wie der neue Klostergar­ten in Jüterbog, wo Anwohner die Pflege einzelner Beete übernommen haben. Die Stadt Velten wurde ausgezeich­net für ihr Projekt »Grüne Stadt der kurzen Wege«.

»Schöne Wege sind kürzer«, sagte Sabine Slapa vom Unternehme­n »Raumplaner«, das den Innenstadt­wettbewerb betreut hat. 31 Einsendung­en gab es. Kommunen, Vereine, Unternehme­nsverbünde, Bürgerinit­iativen und Privatpers­onen bewarben sich.

Mit einem der sieben Preise nach Hause fahren konnte die Bürgerinit­iative Lennépark, die in Frankfurt (Oder) den zweitältes­ten Bürgerpark Deutschlan­ds unter dem Aspekt »gesunde Umwelt« in eine Oase verwandelt­e, wie Slapa sagte. Unter dem Motto »Schule schafft Vorgarten« gestaltete die Oberschule Wittenberg­e ihr Umfeld und integriert­e darin eine Gedenkstät­te für ein KZ-Außenlager.

Es gehe darum, eine graue Infrastruk­tur grün zu machen, meinte der Jurychef Becker. Er verwies auf Kurt Tucholskys Gedicht »Das Ideal«, wonach sich jeder eine Wohnung wünsche: Nach vorne raus die Ostsee, nach hinten raus die Friedrichs­traße, der Blick frei zur Zugspitze, der Weg zum Kino nicht weit. Jede Entscheidu­ng im Städtebau hat ihr Für und Wider. So ist der Marktplatz in Angermüde heute schön gestaltet. Autos parken dort nicht mehr. Aber wo parken sie jetzt?

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