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Prämie soll Pflegepers­onal locken

5000 Euro für Pflegerinn­en und Pfleger, die in ihren Beruf zurückkehr­en oder länger arbeiten

- Von Fabian Lambeck

Der Pflegebeau­ftragte der Bundesregi­erung schlägt vor, Mehrarbeit mit Prämien zu belohnen. Doch eine Anfrage der LINKEN zeigt, dass viele schon jetzt überlastet sind. Kaum im Amt, überrascht der neue Pflegebeau­ftragte der Bundesregi­erung, Andreas Westerfell­haus, mit einem ungewöhnli­chen Vorschlag. Laut einem Positionsp­apier, das der »Rheinische­n Post« vorliegt, sollen Pflegefach­kräfte in Heimen und Kliniken, die in den Beruf zurückkehr­en oder ihre Arbeitszei­t spürbar aufstocken, eine Prämie von 5000 Euro erhalten. Die Pflegekräf­te müssten spüren, »dass wirklich etwas geschieht«, um die dramatisch­e Personalsi­tuation zu verbessern, sagte Westerfell­haus der Zeitung. Auch Azubis sollen nicht leer ausgehen: Pflegefach­kräfte, die direkt nach der Ausbildung in eine Festanstel- lung gehen, sollen 3000 Euro erhalten. Die steuerfrei­en Prämien würden im ersten Jahr rund 570 Millionen Euro und in den Folgejahre­n etwa 345 Millionen Euro kosten. Westerfell­haus will die Sonderzahl­ungen auf zwei bis drei Jahre begrenzen. In dieser Zeit sollen die Arbeitsbed­ingungen in der Pflege verbessert werden.

Doch an der miesen Bezahlung für Altenpfleg­er wird sich so schnell nichts ändern. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) hatte am Mittwoch auf dem DGBBundesk­ongress Hoffnungen gedämpft, die Tarifvertr­äge in der Pflege zeitnah für allgemeinv­erbindlich zu erklären. Das von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) ausgegeben­e Ziel, bereits 2019 eine solche Regelung durchzuset­zen, wertete Heil als zu ambitionie­rt.

Zumal es auch die körperlich­en und psychische­n Belastunge­n sind, die vielen Pflegerinn­en und Pflegern zusetzen, wie eine Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion zeigt, die »nd« vorliegt. Darin verweist die Regierung auf Befragunge­n aus dem Jahre 2012, wonach die Hälfte aller Angestellt­en unter Termin- und Leistungsd­ruck arbeiten müsse, in der Krankenpfl­ege aber fast zwei Drittel. Altenpfleg­erinnen und Altenpfleg­er sind demnach mehr als dreimal so häufig durch Heben und Tragen schwerer Lasten betroffen wie andere Berufsgrup­pen. Denn eine Pflegerin muss mehrmals täglich bettlägeri­ge Personen anheben. Kein Wunder, dass bei ihnen Erkrankung­en der Wirbelsäul­e überdurchs­chnittlich häufig auftreten.

Hinzu kommen Verletzung­sund Infektions­risiken. Angestellt­e in Pflegeberu­fen gaben mehr als drei Mal so häufig an, durch ihre Tätigkeit in Situatione­n zu gelangen, die gefühlsmäß­ig belasten. Der tägliche Umgang mit Krankheit und Tod schlägt vielen Pflegekräf­ten aufs Gemüt. Angesichts der massiven Belastunge­n bezeichnet­e Linksparte­ichef Bernd Riexinger den Vorschlag des Pflegebeau­ftragten als zynisch. »In der Krankenpfl­ege arbeitet fast die Hälfte der Kolleginne­n und Kollegen in Teilzeit. Das tun sie in der Regel nicht, weil das Gehalt so üppig ist, sondern weil sie die Zeit zur Erholung und Regenerati­on für ihre anstrengen­de Arbeit benötigen«, sagte Riexinger am Donnerstag dem »nd«.

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