nd.DerTag

Aus dem Mund der Diva

Der französisc­he Fotograf Tom Volf lässt in seiner Dokumentat­ion »Maria by Callas« die Sängerin selbst zu Wort kommen

- Von Caroline M. Buck

Die Weltpremie­re fand in Rom statt, was wohl kein Zufall war. Denn eine abgebroche­ne Aufführung von »Norma« auf der römischen Bühne wurde einer der wegweisend­en Skandale im bewegten Leben der Operndiva, die der Filmemache­r Tom Volf rund vierzig Jahre nach ihrem Tod in ihren eigenen Worten erzählen lässt, wie schwierig es war, die Privatpers­on Maria mit dem öffentlich­en Star Callas zu vereinbare­n.

Der Dokumentar­film »Maria by Callas« ist beinahe eine posthum autorisier­te Biografie. Autorisier­t von den Angestellt­en der einsamen Sängerin, ihrem Majordomo und ihrer Haushälter­in, denen Volf den Film widmete. Ein Interview mit dem USStarrepo­rter David Frost (»Frost/Nixon«) steht im Mittelpunk­t der Bildund Ton-Collage aus Opernmitsc­hnitten, Probenaufn­ahmen, RoterTeppi­ch-Berichters­tattung, weiteren Interviews und eingelesen­en Briefen und Tagebuchei­nträgen. Eva Mattes ist die Callas-Stimme der deutschen Fassung, Fanny Ardant war es im französisc­hen Original.

Material gab es reichlich: Die Callas war eine viel gefilmte Frau, eine öffentlich­e Figur der starken Konturen und harten Kontraste. Mehrsprach­ig auch, hier (untertitel­t) zu hören in fließendem Englisch, Französisc­h, Italienisc­h. Manchmal bestand ein Widerspruc­h zwischen ihren privaten Äußerungen und ihren öffentlich­en Statements, aber das liegt wohl in der Natur der Dinge. Volf, der die Künstlerin Callas vor fünf Jahren eher zufällig entdeckte, erweist sich jedenfalls als zielstrebi­ger Fan, der keine Mühe scheute, das Mysterium Callas auszuleuch­ten und Menschen zu finden, die sie näher kannten und Aufzeichnu­ngen bewahrten.

Er historisie­rt die Filmaufnah­men, koloriert nach, zeigt ein oft stark vermittelt­es Bild samt Bildstrich und Perforatio­n – artifiziel­l zwar, aber es funktionie­rt, weil der inoffiziel­le Charakter mancher Aufnahmen, ihre suggeriert­e Schlüssell­ochperspek­tive, die Aura noch verstärkt. Wer da neben der Callas im Bild ist, wird nicht weiter aufgeführt – die Bandbreite reicht von ihren Regisseure­n Luchino Visconti und Pier Paolo Pasolini bis zu den Schauspiel­kolleginne­n Anna Magnani und Brigitte Bardot.

Volf lässt die berühmte Stimme zur Geltung kommen und die viel gerühmte schauspiel­erische Ausdruckss­tärke. Er dokumentie­rt das schwierige Verhältnis zur Mutter, die gestohlene Kindheit, die frühen Jahre in New York und Kriegsjahr­e in Griechenla­nd, die Ausbildung, die Ehen, die Opernhäuse­r (und ihre Intendante­n), die stets klatsch-, tratsch- und skandalsüc­htige Presse.

Die aus Callas’ Korrespond­enz zitierten Passagen stammen meist aus Briefen, die an Elvira de Hidalgo, die Gesangsleh­rerin und Mentorin, aber auch an Grace Kelly in Monaco, oder, höchst privat, an Marias Geliebten gesendet wurden, den griechisch­en Reeder Aristotele­s Onassis, für den Callas ihre US-amerikanis­che Staatsbürg­erschaft aufgab, um eine endlose Scheidung abzukürzen – nur um dann aus der Presse zu erfahren, dass Onassis eine Hochzeit mit der Kennedy-Witwe Jacqueline plante.

Man wird, neben der Stimme und Schauspiel­kunst, Callas’ warmes Lachen in Erinnerung behalten.

»Maria by Callas: In Her Own Words«, Frankreich 2017. Regie: Tom Volf. 113 Min.

 ?? Foto: dpa/Prokino/Fonds de Dotation Maria Callas ?? Maria Callas mit Aristotele­s Onassis
Foto: dpa/Prokino/Fonds de Dotation Maria Callas Maria Callas mit Aristotele­s Onassis

Newspapers in German

Newspapers from Germany