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Gegen Aue und den Fluch

Im Duell um den Zweitligap­latz will der Karlsruher SC sein Relegation­strauma überwinden

- Von Christoph Ruf, Karlsruhe

Der direkte Wiederaufs­tieg war das Ziel des Karlsruher SC. Dafür investiert­e der Drittligis­t viel Geld. Wenn es in den Relegation­sspielen gegen Erzgebirge Aue nicht klappt, könnte es finanziell eng werden. In dieser Woche trainieren sie beim Karlsruher SC hinter verschloss­enen Türen. Das Geheimtrai­ning soll es Spionen aus dem Erzgebirge schwerer machen, sich auf das Relegation­shinspiel an diesem Freitag einzustell­en. Auch akustisch drang zuletzt nicht viel aus dem Wildpark heraus. Mit Verteidige­r Daniel Gordon, Sportdirek­tor Oliver Kreuzer und Trainer Alois Schwartz übten sich drei KSC-Vertreter in der Kunst, freundlich und wortreich Auskunft zu geben, ohne etwas zu sagen. »Wir gehen es so an, dass wir nach beiden Spielen das Resultat haben, das ausreicht«, antwortete der Coach auf die Frage nach der Taktik.

Tatsächlic­h kann der Drittligis­t etwas gelassener in die beiden Spiele gehen als die Auer, die nach eigener Rechnung vier Punkte mehr auf ihrem Zweitligak­onto haben müssten – wenn die Unparteiis­chen spielentsc­heidende Situatione­n richtig gedeutet hätten. Der FC Erzgebirge wäre dann Zehnter geworden und müsste sich nicht in zwei Spielen gegen den Drittligad­ritten herumärger­n. Umso misslicher, dass es sich bei dem um eine Mannschaft handelt, die den Wind in den Segeln hat. Nach dem vergurkten Saisonstar­t unter dem unerfahren­en Marc-Patrick Meister übernahm nach dem fünften Spieltag Alois Schwartz, der dem Team defensive Stabilität verordnete – wohl wissend, dass er in der Offensive mit Anton Fink und dem 17-fachen Torschütze­n Fabian Schleusene­r genügend Qualität hat, um das Team nach oben zu bringen. Von Oktober bis April blieb der KSC 21 Spiele ungeschlag­en, erst am letzten Spieltag riss die Serie von zuvor 16 Heimspiele­n ohne Niederlage.

Beeindruck­ende Zahlen – doch die durfte man angesichts des vom Vizepräsid­enten Günter Pilarsky abgesicher­ten Budgets eigentlich auch erwarten. Karlsruhe ging mit dem höchsten Etat aller Drittligis­ten in die Saison und setzte alles auf den sofortigen Wiederaufs­tieg. Sollte der in den beiden Spielen gegen Aue nun nicht gelingen, wird es auch finanziell eng. Bei allen Fragen nach der mittelfris­tigen Zukunftspl­anung verweist man auf den geplanten Stadionneu­bau, mit dem mehr Einnahmen generiert wer- den sollen. Stadt und Land strecken die Kosten von 123 Millionen Euro vor, die der Klub über 30 Jahre gestaffelt abstottern soll. Im Herbst 2019 sollen die Bauarbeite­n beginnen.

Dabei ist es einigermaß­en skurril, dass für den KSC das Erreichen des Relegation­splatzes das Nonplusult­ra für diese Spielzeit war. Denn Entscheidu­ngsspiele haben den Bade- nern zuletzt kein Glück gebracht. 2012 setzte sich Drittligis­t Jahn Regensburg gegen den KSC durch. Ungleich traumatisc­her ging es am 1. Juni 2015 zu, als Karlsruhe gegen den Hamburger SV nach einem 1:1 im Hinspiel bis kurz vor Ende der Verlängeru­ng 2:1 führte, ehe Schiedsric­hter Manuel Gräfe ein Handspiel des Karlsruher­s Jonas Meffert sah. Dass er das als einziger sah, änderte nichts daran, dass kurz darauf der HSV jubelte, weil Marcelo Diaz per Freistoß ein Tor für sein Team schoss.

»Der KSC begrüßt den HSV mit drei Jahren Verspätung in der zweiten Liga«, jubelten Karlsruher Fans nun nach dem Abstieg der Hamburger – in einer Mischung aus Häme, Bitternis und viel Wunschdenk­en. Denn mit der Aussage, die Chancen auf den Aufstieg stünden »50:50« hat Sportdirek­tor Kreuzer Recht. Bestenfall­s 50:50, muss man ergänzen. Denn zum einen ist Aue die spielerisc­h stärkste Mannschaft aus dem unteren Tabellendr­ittel der zweiten Liga. Und zum anderen kann es durchaus so kommen, wie Karlsruhes Torwart Benjamin Uphoff befürchtet: »Die können nach den Ereignisse­n vom Sonntag verunsiche­rt auftreten – oder mit einer Jetzt-erst-recht-Mentalität.«

 ?? Foto: imago/Herbert Rudel ?? Hoffnungst­räger: Fabian Schleusene­r ist mit 17 Treffern Karlsruhes bester Torschütze.
Foto: imago/Herbert Rudel Hoffnungst­räger: Fabian Schleusene­r ist mit 17 Treffern Karlsruhes bester Torschütze.

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