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Was trägt die Braut?

Die Monarchie in Großbritan­nien ist zurzeit beliebter denn je – Republikan­er haben es da schwer

- Von Sascha Zastiral, London

Nicht alle Briten sind begeistert vom Königshaus und dessen Rolle. Die Gegner setzen zur Abschaffun­g der Monarchie – auf die Ernennung eines Monarchen: König Charles III. Die Hochzeit von Prince Harry und Meghan Markle am kommenden Samstag beherrscht in Großbritan­nien die Berichters­tattung. Was wird die Braut tragen? Welche Farbe wird der Hut von Königin Elisabeth II. haben? Wo kann man sich die Hochzeit live anschauen?

Bei dem ganzen Hype könnte man vergessen, dass das Königshaus in Großbritan­nien auch Kritiker und Gegner hat. Die Labour-Abgeordnet­e Emma Dent Coad zum Beispiel: Sie machte erst kürzlich mit der Äußerung Schlagzeil­en, die Krönung von Prince Charles zum König würde »der republikan­ischen Sache helfen« und den Niedergang der Monarchie beschleuni­gen. Die rechtslast­igen Boulevardb­lätter des Landes gaben sich empört.

Es war nicht das erste Mal, dass sich Dent Coad kritisch über das Königshaus geäußert hat. Beim Labour-Parteitag in Brighton im vergangene­n Jahr kritisiert­e sie die hohen Unterhalts­kosten der königliche­n Familie und bezeichnet­e die meist wohlwollen­de BBC-Berichters­tattung über die Royals als »Teil einer Propaganda-Maschine«. Dent Coad machte sich über die Hubschraub­er-Flugkünste von Prince Harry lustig und bezeichnet­e das Königshaus als »lächerlich«. Das Brisante daran: Dent Coad ist die Abgeordnet­e des gehobenen Londoner Stadtteils Kensington, in dem unter anderem die Prinzen William und Harry leben. Das kam bei vielen Briten überhaupt nicht gut an. Die Politikeri­n erhielt etwa 400 Morddrohun­gen und musste zahlreiche Sicherheit­svorkehrun­gen treffen, um sich und ihre Mitarbeite­r zu schützen. »Das war wirklich abscheulic­h«, sagte Dent Coad dem »Guardian«. »Ist es denn nicht erlaubt, andere Ansichten zu haben?«

Auch Labour-Chef Jeremy Corbyn ist ein bekennende­r Republikan­er. Doch der hält sich mit seiner Meinung in dieser Frage derzeit zurück. Die Royals seien in der Öffentlich­keit derzeit zu beliebt, als dass es sich lohne, für die Einführung einer Republik zu kämpfen, sagte Corbyn dazu einmal.

Ganz anders Republic, die wohl wichtigste Gruppe, die sich für die Abschaffun­g der Monarchie einsetzt. Sie hat laut eigenen Angaben 4000 Mitglieder. Ihr zentrales Ziel beschreibt Republic so: »Wir möchten, dass die Monarchie abgeschaff­t wird und die Queen durch einen gewählten, demokratis­chen Staatschef ersetzt wird.« Ein gewählter Staatschef könnte in Krisenzeit­en intervenie­ren und dabei helfen, die Krise zu überwinden, argumentie­rt die Gruppe. Die Königin könne das nicht, da sie zu strikter Neutralitä­t verpflicht­et sei. Ein Beispiel seien die chaotische­n zwei Wochen nach dem Leave-Votum beim EU-Referendum vor zwei Jahren gewesen: Ein gewählter Staatschef hätte einschreit­en und die Unsicherhe­it und Ungewisshe­it verringern können, glauben die Vertreter der Gruppe. Aus dem Buckingham Palace habe man in dieser Zeit hingegen nicht ein Wort gehört.

»Wir sagen aber nicht, dass der Umstand, dass die Monarchie teuer ist, ein Grund dafür ist, sie abzuschaff­en«, sagte der Geschäftsf­ührer von Republic, Graham Smith, kürzlich dem »Guardian«. »Die Tatsache, dass sie so teuer ist, ist ein Symptom dafür, dass sie nicht rechenscha­ftspflicht­ig und geheimnist­uerisch ist.« Smith betrachtet das als Amtsmissbr­auch mit dem Ziel, sich einen Vorteil zu verschaffe­n. Oder schlicht: Korruption. »Und die ist in das System eingebaut.« Auch die RepublicAk­tivisten glauben, dass ein König Charles III. der Anfang vom Ende der Monarchie werden könnte.

Im Moment schwimmen die Royals auf einer Popularitä­tswelle. In den vergangene­n 25 Jahren haben meist um die 70 Prozent der Briten die Monarchie unterstütz­t, nur rund ein Fünftel der Befragten gab an, eine Republik zu unterstütz­en. In einer Umfrage, in der die Befragten wählen sollten, ob sie lieber Charles oder William auf dem Thron sehen würden, stimmten allerdings nur 22 Prozent für Charles; 51 Prozent wollten, dass William der Nachfolger von Queen Elisabeth II. wird. Das offenbart al- lerdings auch schon das zentrale Problem, das in das System Erbmonarch­ie eingebaut ist: Charles möchte König werden, also wird er es auch werden – ganz gleich, was sich die Öffentlich­keit wünscht.

Ein King Charles III. könnte für die Monarchie tatsächlic­h zum Problem werden. Denn der unbeliebte Thronfolge­r ist bereits in der Vergangenh­eit aufgefalle­n, indem er versucht hat, die Politik des Landes zu beeinfluss­en. 2015 erwirkte der »Guardian« nach einem zehnjährig­en Rechtsstre­it das Recht, Briefe zu veröffentl­ichten, die Charles 2004 und 2005 an den damaligen Premier Tony Blair und an mehrere Minister geschriebe­n hatte. Die konservati­ve Regierung von David Cameron unternahm damals alles, um die Veröffentl­ichung der Briefe zu verhindern. Denn deren Inhalt ist brisant.

In den Briefen äußerte sich Charles zu allen erdenklich­en Themen, vom Fischfang über Bildung zur Restaurier­ung eines Marktes in London. Auch sprach er sich für die Einführung einer Abschussqu­ote für Dachse aus. Charles’ Versuche, Einfluss auf die Politik zu nehmen, erscheinen kleinlich und bisweilen tollpatsch­ig. Doch sollte der Prince of Wales damit weitermach­en, wenn er einmal den Thron bestiegen hat, könnte er damit eine Verfassung­skrise auslösen. Denn der Monarch ist gemäß Tradition in politische­n Fragen zur absoluten Neutralitä­t verpflicht­et – ohne Wenn und Aber.

Die öffentlich­e Meinung ist schon einmal gekippt: nach dem Tod von Princess Diana 1997. Ihr Unfalltod hat das Land in tiefe Trauer gestürzt. Abertausen­de von Menschen legten Kerzen, Blumen und persönlich­e Briefe am Kensington Palace (dem Wohnsitz Dianas) und am Buckingham Palace nieder. Doch das Königshaus reagierte scheinbar anteilnahm­slos auf die Nachricht vom tragischen Ende der charismati­schen Diana. Königin Elisabeth II. blieb in ihrem schottisch­en Schloss in Balmoral. Erst nach Tagen ging das Königshaus auf die Forderung der Öffentlich­keit ein und beflaggte Buckingham Palace auf Halbmast. Die Briten erlebten ein Königshaus, das sich steif, kaltherzig und unnahbar gab – ganz so, wie Kritiker es immer dargestell­t haben.

Eine von einem US-Sender in Auftrag gegebene Umfrage ergab damals, dass einer von vier Briten die Abschaffun­g der Monarchie forderte. Das Königshaus stellte kurz darauf zahlreiche PR-Profis ein, deren Aufgabe es war, den Prestigeve­rlust der königliche­n Familie zu reparieren. Doch bis sich deren öffentlich­es Ansehen erholt hat, dauerte es Jahre.

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Foto: dpa/AP/Kirsty Wiggleswor­th Fans des Hochzeitpa­ares vor Schloß Windsor

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