Werben um Merkel
Russlands Präsident Putin fordert Deutschland zum Dialog auf
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den hohen Stellenwert des Verhältnisses zu Russland betont. »Wir haben ein strategisches Interesse daran, gute Beziehungen zu Russland zu haben«, sagte Merkel am Freitag nach Gesprächen mit Putin in Sotschi. Neben allen Differenzen gebe es »auch Themen, bei denen sind wir durchaus einer Meinung«, sagte die Kanzlerin. »Ich halte das Miteinander-Reden für absolut wichtig.«
Auch Putin sprach sich für einen engen Austausch mit Deutschland aus. »Die Probleme zu lösen ist aber nicht möglich, wenn man keinen Dialog miteinander führt.« In der Wirtschaft sei Deutschland ein »Schlüsselpartner« Russlands.
Merkel und Putin berieten in der Sommerresidenz des russischen Präsidenten unter anderem über die Zukunft des Atomabkommens mit Iran nach dem Ausstieg der USA. Beide wollen das Abkommen retten. Auch der Syrien-Krieg und der Konflikt in der Ukraine kamen zur Sprache. Der russische Präsident warb dafür, die Umsetzung der Minsker Friedensvereinbarungen für die Ostukraine wieder voranzubringen. Putin und Merkel wiesen ihre Außenministerien an, Pläne für eine mögliche Blauhelmmission auszuarbeiten.
Kanzlerin und Präsident waren sich einig, dass die Ukraine auch nach Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 Transitland für Erdgas sein soll. Putin betonte, dass er die Pipeline vor allem als wirtschaftliches Projekt erachte. Merkel entgegnete, das Projekt enthalte auch politische Elemente.
Die Kanzlerin forderte Russland zu Respekt für die Pressefreiheit auf. In den vergangenen Tagen hatte die vorübergehende Weigerung Russlands, den ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt zur Fußballweltmeisterschaft einreisen zu lassen, für diplomatische Verstimmungen gesorgt.
Eines muss man der Regierung in Peking lassen: Im Rechnen ist sie eindeutig besser als die Administration in Washington. So führt China nun doch keine Strafzölle auf die in den vergangenen Jahren stark boomenden Importe künstlich verbilligter Hirse aus den USA ein. Die agrarische Retourkutsche auf die Stahlzölle Donald Trumps verkneift man sich, da dies nur die Verbraucherpreise in China verteuern würde.
Zu solch einfachen Rechnungen ist die Trump-Riege nicht fähig. Mit den Stahlzöllen verhält es sich ähnlich – bezahlen müssen es die Häuslebauer in den USA. Doch Washington geht es ohnehin mehr um Berechnung: Im Prinzip dienen die neuen Zölle als Druckmittel, um vielen Staaten kurzfristige und im Unterschied zu den komplexen Freihandelsabkommen niederschwellige Deals abzupressen. Die Stahlarbeiter aus West Virginia, mit denen Trump sich gerne medienwirksam ablichten lässt, sind ihm letztlich schnuppe. Es geht darum, die beim US-Wähler gut ankommende Stärke zu demonstrieren – eine Strategie, die bei Ländern wie Australien, Südkorea und Argentinien bereits Erfolg hatte. Auch die EU rückt von ihrem klaren Kontra ab und bietet mehr Marktöffnung für US-Autos an. Selbst das sonst so unnachgiebige China gibt sich flexibel. Es sieht danach aus, dass Trumps Rechnung aufgeht, die da lautet: Berechnung zahlt sich aus.