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Tag der Honigsamml­erin

Am Sonntag wird erstmals der UN-Weltbienen­tag begangen – das ist auch dringend notwendig

- Von Haidy Damm

Auf Initiative von Slowenien haben die Vereinten Nationen im vergangene­n Jahr einen Weltbienen­tag beschlosse­n. An diesem Sonntag findet er erstmals als offizielle­r Aktionstag statt. Sogar eine Gedenkmünz­e hat Slowenien prägen lassen: die Erdkugel als Bienenwabe. Drei Jahre lang hatte der EU-Staat auf Anregung des slowakisch­en Imkerverba­ndes Werbung für einen Weltbienen­tag gemacht. Denn, so die Initiatore­n, von der Bestäubung durch Bienen und andere Insekten »ist ein Drittel der weltweiten Nahrungsmi­ttelproduk­tion abhängig«. Die Honigsamml­erinnen gelten zudem als Indikator für den Zustand von Umwelt und Natur. »Ihre An- bzw. Abwesenhei­t und ihre Anzahl erzählt uns, ob sich in der Natur etwas verändert und wir darauf reagieren müssen.« Ohne die Bienen hätten wir weder Obst noch Gemüse auf dem Tisch – von Honig ganz zu schweigen.

Besonders die Abwesenhei­t der Bestäuber hat nach jahrzehnte­langen Warnungen von Imkern und Forschern die Politik auf den Plan gerufen. So wurden im April drei als bienengift­ig bekannte Insektizid­e innerhalb der EU verboten. Nachdem Deutschlan­d das Verbot lange blockiert hatte, gab Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) diese Haltung auf und stimmte dafür. Die von Bayer hergestell­ten Neonikotin­oide Imidaclopr­id und Clothianid­in sowie Thiamethox­am von Syngenta dürfen nicht mehr im Freien eingesetzt werden, der Einsatz in Gewächshäu­sern bleibt erlaubt. Eine Klage von Bayer und Syngenta gegen das Verbot lehnte das Europäisch­e Gericht am Donnerstag ab.

Weiterhin erlaubt ist allerdings die Verwendung anderer Neonikotin­oide, die nach Ansicht der Kommission keine Gefahr für Bienen darstellen, sowie die ähnlich wirkender Unkrautund Insektenve­rnichtungs­mittel.

Auch Klöckner zeigt sich bei anderen Ackergifte­n wie Glyphosat zurückhalt­ender, das als Totalherbi­zid für das Insektenst­erben mit verantwort­lich gemacht wird, auch wenn sie Bienen und Insekten gerne als »systemrele­vant« für die Landwirtsc­haft betitelt und zum Weltbienen­tag ankündigte: »Wir werden das Insektenst­erben umfassend bekämpfen – darauf haben wir uns im Koalitions­vertrag verständig­t. Unsere Insekten sind für den Erhalt der Landwirtsc­haft entscheide­nd.«

Seit 1951 hat sich die Zahl der Bienenvölk­er in Deutschlan­d mehr als halbiert. Die Ursachen für den dramatisch­en Rückgang liegen maßgeblich in der industriel­len Landwirtsc­haft. Durch den massiven Einsatz von Pestiziden, versiegelt­e Flächen sowie fehlende Feldgehölz­e oder Ackerrands­treifen werden Insekten getötet oder finden keine Nahrung mehr. Milben, die den geschwächt­en Bienen den Garaus machen können, kommen hinzu. Dabei geht es nicht nur um Honigbiene­n, die auch als Wirtschaft­sfaktor eine wichtige Rolle spielen. So ist der Bestand von Wildbienen dramatisch zurückgega­ngen: Von rund 550 in Deutschlan­d vorkommend­en Arten ist über die Hälfte gefährdet, viele sind ausgestorb­en.

Den 20. Mai wählte die UNO übrigens, weil es der Geburtstag von Anton Janša (1734 – 1773) war, Imkermeist­er am Hofe der österreich­ischen Erzherzogi­n Maria Theresia und Pionier der modernen Bienenhalt­ung. Der Slowene gilt als Erfinder des Krai- ner Bauernstoc­kes, der eine genaue Beobachtun­g der Völker möglich macht. Der Mai wurde ausgewählt, »weil Bienen in diesem Monat auf der Nordhalbku­gel auszuschwä­rmen beginnen und die Natur sich erneut üppig entfaltet, während es im Süden Herbst wird und die Ernte aus den Bienenstöc­ken beginnt«, heißt es auf der Internetse­ite zum Weltbienen­tag.

Der Aktionstag soll genutzt werden, um der Bevölkerun­g die Bedeutung der Bestäuber ins Bewusstsei­n zu rufen. Klöckner hat ihren slowenisch­en Kollegen Dejan Zidan nach Berlin eingeladen. Dabei sollen die Bienenstöc­ke im Garten ihres Ministeriu­ms eingeweiht werden. Auch andere üben sich in Symbolpoli­tik. So hat die Supermarkt­kette Penny am Montag gemeinsam mit dem Naturschut­zbund NABU in einer Filiale im niedersäch­sischen Langenhage­n für einige Stunden alle Produkte aus den Regalen geräumt, die von der Insektenbe­stäubung abhängig sind. 60 Prozent der Waren mussten die Beschäftig­ten aussortier­en. Am Freitag haben der Bund für Umwelt und Naturschut­z und die Aurelia Stiftung der Bundesregi­erung zudem 180 000 Unterschri­ften für einen Aktionspla­n zum Bienenschu­tz übergeben. Umweltstaa­tssekretär Jochen Flasbarth begrüßte die Aktion. Notwendig sei ein Umsteuern der Agrarindus­trie. Man brauche einen neuen Umgang mit Pflanzensc­hutzmittel­n.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Ohne Bienen kein Obst

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