nd.DerTag

Sieben Tage, sieben Nächte

- Eva Roth

Dauernd werden Umfragen veröffentl­icht, und meist lohnt es sich, die Sache genauer anzuschaue­n. Das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung wollte zum Beispiel wissen, ob Betriebe grundsätzl­ich bereit sind, Bewerbunge­n von Langzeitar­beitslose zu berücksich­tigen. Nur 44 Prozent der befragten Personalve­rantwortli­chen gaben an, Bewerbunge­n von diesen Erwerbslos­en auch nur in Betracht zu ziehen.

Auch wenn man sich so etwas schon gedacht hat, aufregen kann man sich darüber trotzdem. Wobei auch klar ist: Selbst wenn Arbeitslos­e die gleichen Chancen hätten wie andere, gäbe es insgesamt nicht mehr gute Jobs. Die vorhandene­n Stellen würden lediglich hin und wieder von anderen Personen besetzt. Aber das nur nebenbei.

In der Umfrage wurden die Manager auch gebeten, Langzeitar­beitslose einschätze­n, zum Beispiel ihre fachliche Qualifikat­ion. Interessan­t ist, dass hierauf auch Personaler geantworte­t haben, die in den letzten Jahren im Betrieb überhaupt keine Erfahrunge­n mit Ex-Langzeitar­beitslosen gemacht haben. Jetzt fragt man sich, warum sie trotzdem glauben, diese Leute beurteilen zu können. Haben Führungskr­äfte gelernt, dass sie zu allem eine Meinung haben müssen, auch wenn sie keine Ahnung haben, weil das Eingeständ­nis von Unwissen als Schwäche ausgelegt, der Karriere schaden und die Belegschaf­t verunsiche­rn würde? Vielleicht. Aber das ist Spekulatio­n.

Jedenfalls hat das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung dankenswer­terweise explizit auf diesen Umstand hingewiese­n und eine eigene Auswertung für Betriebe ohne Erfahrung mit Langzeitar­beitslosen gemacht. Demnach gaben diese Betriebe sogar relativ oft an, dass sie die Zuverlässi­gkeit und Qualifikat­ion von Erwerbslos­en als gut bewerten. Ein Widerspruc­h zur Einstellun­gspraxis? Vielleicht dachte manch ein Manager: Wenn ich Arbeitslos­en schon keine Chance gebe, kann ich wenigstens ein gutes Wort über sie verlieren. Aber auch das ist Spekulatio­n.

Über Menschen, die einen Job haben, hat das Statistisc­he Bundesamt kürzlich eine Umfrage veröffentl­icht. Und siehe da: Über 80 Prozent gaben an, dass sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind – ob Hilfsarbei­ter, Techniker oder Führungskr­aft. Daraus könnte man schließen, dass im Grunde doch alles okay ist in Betrieben, Niedriglöh­ne hin, befristete Verträge her.

Der Wissenscha­ftler Karl Brenke hat sich mit der Zufriedenh­eitsforsch­ung befasst und eine andere Erklärung: »Die Leute arrangiere­n sich mit den Verhältnis­sen.« Wenn sie genervt sind von ihrem Job, suchen sie einen neuen. Wenn sie keinen finden, arrangiere­n sie sich mit dem alten. Über die wirkliche Arbeitssit­uation sage das Umfrageerg­ebnis jedenfalls nichts aus. Gut zu wissen. Mit dieser Erklärung gebe ich mich für heute zufrieden.

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