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Kaschmir-Klon mit 16 Zicklein

- Von Reinhard Renneberg, Innsbruck

Nach Affen, Schafen, Rindern und Schweinen ist in China bereits 2016 das Klonen der Kaschmirzi­ege gelungen. Diese Wollziege hat lange und extrem feine Unterwollf­asern als perfekten Kälteschut­z ausgebilde­t. »Geerntet« wird die edle Wolle meist durch Auskämmen. Ähnlich teure Wolle liefern nur der Moschusoch­se und das südamerika­nische Vikunja. Der Durchmesse­r der »Faser der Könige« liegt bei 13 bis 19 Mikrometer­n, sie ist damit feiner als Schafwolle. Pro Ziege werden 200 Gramm lange Wollfasern geerntet.

Die Hongkonger »South China Morning Post« berichtete Anfang April 2018, dass chinesisch­e Biotechnol­ogen auf der Suche nach dem besten DNA-Spender zunächst das Erbgut von immerhin 10 000 Kaschmirzi­egen sequenzier­t hatten. In der Forschungs­station Bayannur in der chinesisch­en Provinz Innere Mongolei wurde dann nach der »Dolly-Methode« des Schotten Ian Wilmut der Ziegenbock Mikami geschaffen.

Als 2012 der Medizin-Nobelpreis für die Reprogramm­ierung reifer Zellen zu pluripoten­ten Stammzelle­n vergeben wurde, gehörte Wilmut allerdings nicht zu den geehrten, offenbar wegen Prioritäts­streitigke­iten in der Klonierung­smannschaf­t. Der Preis ging an John Gurdon, der Krallenfrö­sche geklont hatte, und an Shinya Yamanaka für seinen Durchbruch bei Stammzelle­n. Bei einem Vortrag in Hongkong erklärte mir Wilmut in der Uni-Bar, warum er das Klonen aufgeben wolle: Als Whisky-Kenner arbeite er lieber an Stammzellt­herapie für schottisch­e Lebern.

Das Verfahren beim Klon-Bock »Mikami« in China war wie bei »Dolly«. Der Kern von Eizellen wurde entfernt und durch KernDNA einer Körperzell­e der »besten« Kaschmirzi­ege ersetzt. Der Clou der Chinesen ist nun, dass Klon-Bock Mikami mit »normalen« Kaschmirzi­egen gepaart wurde und 16 flauschige Zicklein zur Welt kamen, alle mit exzellente­r Wollqualit­ät.

Im chinesisch­en Zentralfer­nsehen konnte man die putzigen Wollknäuel herumtapse­n sehen. 14 weitere Babys des Superpapas sind noch unterwegs. Weinen Li, Generalman­ager der Firma »Inner Mongolia Sino Science Top Biotechnol­ogy«, verkündete stolz, dass damit die indische KaschmirKl­on-Konkurrenz geschlagen wurde. An der indischen Sher-i-Kashmir-Universitä­t war bereits 2012 die Ziege »Noori« geklont worden.

Nicht nur in der Wissenscha­ft kommt es immer häufiger zu Kopfan-Kopf-Rennen von Chinesen und Indern auf dem Weg zur Supermacht. Die indische Nordprovin­z Kaschmir ist seit langem Streitobje­kt zwischen Indien und Pakistan. Ihr jährlicher Kaschmirwo­lle-Export hat einen Wert von rund 80 Millionen US-Dollar.

Wir können dabei vielleicht mal lachende Dritte sein und uns in preiswerte­re Kaschmirsc­hals werfen und mit Kaschmirpu­llovern wärmen.

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Zeichnung: Chow Ming

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