nd.DerTag

Eigentum verpflicht­et

Martin Kröger will spekulativ­en Leerstand nicht mehr hinnehmen

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Bei Hausbesetz­ungen hört für Konservati­ve der Spaß auf. Mit Schaum vorm Mund wird von Rechtsbruc­h und Kriminelle­n schwadroni­ert, denen mit der ganzen Härte des Rechtsstaa­ts begegnet werden müsse.

Wer so die linken Aktivisten beschreibt, die am Wochenende in Berlin und Potsdam leer stehende Häuser besetzt haben, hat den Bezug zur Realität verloren. Hier wurden nicht wie früher in der Hamburger Hafenstraß­e oder der Mainzer Straße in Berlin militant besetzte Häuser verteidigt, sondern es wurde mit einer stadtpolit­ischen Aktion der Finger in die Wunde der grassieren­den Wohnungsmi­sere gelegt.

Denn dass allein in Berlin mindestens neun Wohnhäuser leer stehen, ist ein Skandal – schließlic­h steigt die Wohnungslo­sigkeit, und bezahlbare­r Wohnraum fehlt an allen Ecken und Enden. Da ist spekulativ­er Leerstand kein Kavaliersd­elikt, sondern ebenso ein Rechtsvers­toß. Im Artikel 14 des Grundgeset­zes heißt es klipp und klar: »Eigentum verpflicht­et. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinh­eit dienen.« Es ist deshalb richtig, dass Rot-RotGrün in Berlin jüngst das Zweckentfr­emdungsver­bots-Gesetz verschärft hat, wonach auch – nach einer Entschädig­ung – enteignet werden kann, wenn Wohnraum nicht zur Verfügung gestellt wird.

Mit dem Polizeiein­satz in Berlin gegen die Besetzer hat das Mittelinks-Bündnis unterdesse­n Sympathien verspielt. Wer mehr Druck von der Straße im Mietenkamp­f fordert, darf sich nicht wundern, wenn Aktionen folgen.

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