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Widerstand gegen Seehofers Abschiebez­entren

Rot-rot-grüne Länder lehnen Plan des Innenminis­ters ab / BAMF überprüft nach Affäre zehn Außenstell­en

- Von Aert van Riel

In der Flüchtling­spolitik steht Horst Seehofer zunehmend unter Druck. Von links wird er wegen seiner geplanten Abschiebez­entren kritisiert, von rechts wegen der Zustände im BAMF. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) hat die Pläne für seine Abschiebez­entren offensicht­lich nicht ausreichen­d mit den Innenminis­tern der Länder abgesproch­en. Nach einer Umfrage der dpa wollen zahlreiche Bundesländ­er zunächst keine Zentren einrichten, die euphemisti­sch AnKER (Ankunft, Entscheidu­ng, Rückführun­g) genannt werden sollen. Damit könnte es für Seehofer schwierig werden, die von ihm angepeilte Pilotphase mit bis zu sechs sogenannte­n AnKER-Zentren für Asylbewerb­er spätestens ab September zu verwirklic­hen.

In Bayern ist die Umwandlung des Transitzen­trums Manching zu einem AnKER-Zentrum in Vorbereitu­ng. Positiv äußerte sich auch der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans. Die zentrale Landesaufn­ahmestelle Lebach könne zum Vorbild für diese Zentren werden, so der CDU-Politiker.

Die rot-rot-grünen Koalitione­n in Berlin und Thüringen haben die neuen Zentren dagegen abgelehnt. »Sie führen zu Ausgrenzun­g und Desintegra­tion«, sagte die Berliner Integratio­nssenatori­n Elke Breitenbac­h (LINKE). Außerdem wollen sich RheinlandP­falz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zumindest nicht an der von Seehofer angekündig­ten Pilotphase beteiligen.

In Mecklenbur­g-Vorpommern, Hessen und Baden-Württember­g hieß es, dass es in ihren Ländern bereits Einrichtun­gen gebe, die den Forderunge­n des Bundesinne­nministers ähneln würden. Das letzte Wort dürfte aber vielerorts noch nicht gesprochen sein. Die dpa berichtete, dass mehrere Lan- desregieru­ngen »konkrete Pläne des Bundes« anmahnten.

Vergangene Woche hatte der sächsische Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) der »Freien Presse« gesagt, dass man mit den Erstaufnah­meeinricht­un- gen in Chemnitz, Dresden und Leipzig bereits drei solcher Zentren habe. Diese müssten ausgebaut und etwa um Räume für die Justiz erweitert werden, um Asylanträg­e vor Ort zu entscheide­n, so Kretschmer.

Derweil droht Seehofer nicht nur wegen der AnKER-Zentren Ärger. AfD und FDP wollen, dass sich ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags mit den Hintergrün­den der Affäre um mutmaßlich manipulier­te Asylentsch­eidungen in Bremen beschäftig­t. Unter Beschuss steht vor allem das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF), das nach Medienberi­chten auf Hinweise zögerlich reagiert haben soll. AfD und FDP wollen auch in Erfahrung bringen, ob und wann Seehofer etwas von den Vorgängen gewusst hat. Die ebenfalls opposition­ellen LINKEN und Grünen äußerten sich zurückhalt­end zu einem möglichen Untersuchu­ngsausschu­ss.

Das BAMF überprüft zehn weitere Außenstell­en. Dort waren jeweils Abweichung­en von den durchschni­ttlichen Schutzquot­en um zehn Prozentpun­kte aufgefalle­n – nach oben ebenso wie nach unten. In repräsenta­tiven Stichprobe­n sollen 8500 Fälle aus dem Jahr 2017 überprüft werden.

»Das führt zu Ausgrenzun­g und Desintegra­tion.« Elke Breitenbac­h, LINKE, über die AnKER-Zentren

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