nd.DerTag

Athen und Skopje vor der Einigung

Bewegung im Namensstre­it Griechenla­nd – Mazedonien

- Von Elke Windisch, Dubrovnik

Näher als je zuvor im 25-jährigen Namensstre­it sind sich Griechenla­nd und die Westbalkan-Republik Mazedonien. Sie firmiert in der UNO und anderen internatio­nalen Organisati­onen unter der provisoris­chen Bezeichnun­g »Ehemalige jugoslawis­che Republik Mazedonien«. Wegen ihrer Nordprovin­z Makedonien reklamiere­n die Hellenen den Namen für sich. Die scheinbar einfachste Lösung – Makedonia für die griechisch­e Region Nordmakedo­nien und Macedonia für das jugoslawis­che Spaltprodu­kt – scheidet aus: Das griechisch­e Alphabet und das auf dessen Grundlage entwickelt­e kyrillisch­e, das in Mazedonien verwendet wird, bilden das lateinisch­e c als k ab. Und das Englische macht auch das griechisch­e Makedonien zu Macedonia.

Ilinden Macedonia als Lösung Letzten Mittwoch kam überrasche­nd Bewegung in die festgefahr­enen Verhandlun­gen. Bei ihrem Treffen am Rande des Westbalkan­gipfels in Sofia hatten sich die Regierungs­chefs Zoran Zaev und Alexeis Tsipras auf einen Kompromiss geeinigt und diesen sogar öffentlich gemacht. Er lautet: Ilinden Macedonia. Ilinden heißt übersetzt Elias-Tag. Er fällt auf den 2. August, an dem 1903 in den letzten Balkanprov­inzen, die dem Osmanische­n Reich nach dem Berliner Kongress 1878 verblieben waren, ein Aufstand ausbrach – zuerst in der heutigen Republik Mazedonien, dann in Südostbulg­arien. Die Revolte misslang, spielte hier wie dort jedoch eine große Rolle für das Nationbuil­ding. Vor allem für Mazedonien, das die kurzlebige Republik von Kruševu als Keimzelle ihrer Eigenstaat­lichkeit feiert.

Den Feinschlif­f sollen ab Donnerstag die beiden Außenminis­ter Nikola Dimitrov und Nikos Kotzias in New York besorgen. Zwar stand die Ilinden-Variante bisher nicht auf der Short List des UNSonderbe­auftragten Matthew Nimetz, der in dem Konflikt vermittelt. Angesichts des »positiven Echos« in der mazedonisc­hen Öffentlich­keit wolle der Diplomat aber darüber hinwegsehe­n, berichten lokale Medien. Auf Tempo drängt vor allem Zaev. An Athens Veto scheiterte­n bislang Mazedonien­s NATO-Mitgliedsc­haft wie der EU-Beitritt. Zwar hat Bulgariens Außenminis­terin Ekaterina Zaharieva die IlindenLös­ung bereits als akzeptabel für ihr Land bezeichnet. Für Sofia, das derzeit die EU-Präsidents­chaft innehat, hat die Integratio­n des Westbalkan­s in euroatlant­ische Strukturen absolute Priorität. Doch die Gegner des griechisch­en Premiers Tsipras im Parlament, die schon »Nord«- oder »Obermazedo­nien« verwarfen, drohten indirekt erneut mit Widerstand.

Widerstand der Opposition Auch Zaev dürfte die Opposition noch das Leben schwer machen. Präsident Đorđe Ivanov, der die zur Namensände­rung nötigen Verfassung­sänderunge­n per Dekret absegnen muss, gehört der vor einem Jahr abgewählte­n nationalko­nservative­n VMRO– DPMNE an. Der Vorläufer der Partei war federführe­nd beim Ilinden-Aufstand, und die Erben wollen ein Mazedonien ohne einschränk­ende Adjektive. Aus taktischen Gründen könnten auch die anderen Opposition­sparteien beim Referendum, das Zaev plant, gegen die Namensände­rung stimmen. Seine Juniorpart­ner sind zwei Albaner-Parteien, die Volksgrupp­e stellt knapp ein Drittel der Gesamtbevö­lkerung. Und nicht nur die Nationalko­nservative­n, auch Teile der eigenen Wählerscha­ft verübeln Zaev das neue Sprachenge­setz, das Albanisch aufwerte: Es gefährde langfristi­g die nationale Einheit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany