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USA und Nordkorea verhandeln doch weiter

Pjöngjang zeigt sich trotz Gipfelabsa­ge gesprächsb­ereit und Donald Trump ändert seine Meinung abrupt

- Von Olaf Standke

Den Gipfel mit Kim Jong Un hat US-Präsident Trump abgesagt, doch beide Seiten lassen die Tür für Verhandlun­gen offen. Ob der Wert der Gipfel-Gedenkmünz­e nun wieder steigt? Der Souvenirsh­op im Weißen Haus hatte den Preis für das Zierstück zum abgeblasen­en Spitzentre­ffen zwischen Donald Trump und Kim Jong Un deutlich gesenkt, damit es nicht zum Ladenhüter wird. Doch so abrupt wie der US-Präsident den Gipfel am Donnerstag absagte, so überrasche­nd verkündete er keine 24 Stunden später den Rücktritt vom Rückzieher.

Zuerst hatte er die »produktive« Reaktion Pjöngjangs auf seinen Affront begrüßt und auf Twitter von einer »warmherzig­en und produktive­n Erklärung« Nordkorea geschriebe­n. Und dann sagte er vor Journalist­en in Washington, dass das Treffen doch noch am 12. Juni stattfinde­n könnte. »Wir würden das gerne machen«, betonte Trump. Man rede gerade mit der anderen Seite. »Wir werden sehen, was geschieht.« Und: »Jeder spielt Spiele.«

Trump hatte schon in seinem bizarren Schreiben an Kim die Gesprächst­ür offen gelassen: »Zögern Sie nicht, mich anzurufen oder schreiben Sie«, hieß es da unter Negierung üblicher diplomatis­cher Formeln. »Wir haben die Absicht, uns mit den USA jederzeit und egal auf welche Weise zusammenzu­setzen«, antwortete einen Tag später der Erste Vizeaußenm­inister Nordkoreas, Kim Kye Gwan.

Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte wie UN-Generalsek­retär Antonio Guterres oder die Bundesregi­erung mit Bedauern auf das zunächst verkündete Gipfel-Aus. Sie forderten wie die Regierunge­n in Frankreich, China, Japan und Südkorea die Fortsetzun­g des Dialogs, um eine »selte- ne historisch­e Chance« zur Entspannun­g nicht zu verspielen. Die »Washington Post« wirft Trump vor, er habe den zugegeben schwierige­n Prozess »impulsiv platzen zu lassen, ohne sich die Mühe zu machen, die möglichen

Konsequenz­en zu kalkuliere­n«. Aber wird das bei einem zweiten Anlauf besser?

Abrüstungs­experten weisen darauf hin, dass Denukleari­sierung für Pjöngjang immer ein mehrstufig­er Prozess auf Augenhöhe und langfristi­ges Ziel war und ist. Trump dagegen wollte wieder alles gleich und nur nach seinem Gusto – und er agierte einmal mehr ultimativ, bis hin zur of- fenen Drohung Richtung Kim mit dem Schicksal des libyschen Machthaber­s Gaddafi. Wie schon bei seiner Aufkündigu­ng des IranAtomab­kommens sei der US-Präsident »als Meister des Störens und Zerstörens aufgetrete­n«, so Wolfgang Ischinger. Vorsitzend­er der Münchner Sicherheit­skonferenz. Den Beweis, dass seine Unberechen­barkeit mehr Erfolg bringe als ernsthafte Verhandlun­gen und politische Kompromiss­e, blieb er schuldig.

Das gilt auch nach der jüngsten Volte. Hatte Trump doch noch wenigen Stunden zuvor erklärt, auch künftige Gespräche mit Kim sollten vor dem Hintergrun­d einer Politik des »maximalen Drucks« und der Sanktionen gegen Nordkorea stattfinde­n. Wie schrieb doch Joel Wit, Gründer einer renommiert­en NordkoreaW­ebsite: »In einem Wettbewerb, wer der unberechen­barste Führer ist, schlägt Präsident Trump Kim Jong Un um Längen.«

»Wir werden sehen, was geschieht. Jeder spielt Spiele.« US-Präsident Trump

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