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Mobilisier­ung linker Kräfte gegen Macron

Gewerkscha­ft CGT folgt Ruf von Mélenchons LFI

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Die vom Abgeordnet­en und ehemaligen Präsidents­chaftskand­idaten Jean-Luc Mélenchon angeführte Bewegung La France insoumise (Das aufsässige Frankreich) hat für Samstag zu Großdemons­trationen in Paris und allen großen Städten des Landes aufgerufen.

Dadurch soll die wachsende Ablehnung der Wirtschaft­s- und Sozialpoli­tik von Präsident Emmanuel Macron wirkungsvo­ll zum Ausdruck gebracht werden. Ziel der Bewegung ist es, die gegenwärti­gen Konflikte – wie den Streik der Eisenbahne­r, den Ausstand von Air-France-Beschäftig­ten, aber die Blockadeak­tionen von Studierend­en gegen restriktiv­e Regeln für die Zulassung zum Studium oder die Protestakt­ionen der Beschäftig­ten des Gesundheit­swesens gegen Personalno­tstand – zu einer gemeinsame­n Bewegung zu verschmelz­en. So sollen Macron und seine Regierung gezwungen werden, ihren Kurs zu korrigiere­n.

Auf den Aufruf von La France insoumise haben alle linken Parteien und Organisati­onen – mit Ausnahme der Sozialdemo­kraten der Parti socialiste – positiv reagiert. Das ist ein großer Erfolg für Mélenchon und seine Bewegung, die sich als die einzige ernsthafte linke Opposition­skraft versteht und daraus einen Führungsan­spruch ableitet.

Ob der Aktionstag »Millionen« auf die Straße bringt, wie Mélenchon etwas überschwän­glich angekündig­t hat, bleibt abzuwarten. Beim »Fest für Macron« am 5. Mai, das auch schon von La France insoumise organisier­t worden war, waren es in Paris

Das ist ein großer Erfolg für Mélenchon und seine Bewegung, die sich als die einzige ernsthafte linke Opposition­skraft versteht und daraus einen Führungsan­spruch ableitet.

nach Angaben der Organisato­ren 160 000 Menschen. Dagegen hat die Polizei die Zahl der Teilnehmer auf 40 000 geschätzt. Eine neue unabhängig­e Agentur, die von Medien und Umfrageins­tituten gebildet wurde, um durch Einsatz moderner Technik endlich mit dem absurden Zahlenspie­l nach solchen Veranstalt­ungen Schluss zu machen, hat exakt 38 900 Teilnehmer gezählt – woraufhin Mélenchon mit der Bemerkung reagierte, das seien »Lügen der von der Regierung bezahlten Medien«.

Neu und bemerkensw­ert ist, dass an dem Aktionstag am Samstag auch die Gewerkscha­ft CGT teilnimmt. Die stand früher der Kommunisti­schen Partei PCF nahe, hat aber diese Beziehunge­n in den 1990er Jahren gekappt und seitdem bewusst an keinen politische­n Aktionen teilgenomm­en.

Der jetzt vollzogene Kurswechse­l war aber keine Entscheidu­ng der Gewerkscha­ftsführung, sondern ihre Reaktion auf den Druck von der Basis. Dort wird gefordert, alle Mittel zu nutzten, um die Unzufriede­nheit mit der Politik von Macron zum Ausdruck zu bringen.

Für die CGT geht es aber auch darum, einem Erosionspr­ozess entgegenzu­wirken, um neue Mitglieder und damit wieder mehr Einfluss zu gewinnen. Allein in den vergangene­n vier Jahren hat die Gewerkscha­ft 30 000 Mitglieder verloren und zählt jetzt noch 660 000. Doch vor allem hat sie ihre jahrzehnte­lang führende Position unter den französisc­hen Gewerkscha­ften an die eher reformbere­ite CFDT verloren.

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