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»Wir genießen erst mal im Stillen«

Dzsenifer Marozsan gewann mit Lyon erneut die Champions League, für Wolfsburg gab’s ein Kompliment

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Dzsenifer Marozsan kam nach dem abermalige­n Gewinn der Champions League mit Olympique Lyon wegen einer Dopingprob­e als Letzte aus der Kabine des Walerij-Lobanovsky­j-Stadion von Kiew. Danach sprach die 26-jährige Spielführe­rin der deutschen Nationalma­nnschaft mit Frank Hellmann über das in der Verlängeru­ng entschiede­ne Finale gegen den VfL Wolfsburg (4:1), die verschoben­e Siegesfeie­r und die stockende WM-Qualifikat­ion.

Wie schwierig war es, den deutschen Doublesieg­er VfL Wolfsburg niederzuri­ngen?

Sie haben ein klasse Spiel gemacht. Es war lange eine ausgeglich­ene Partie. Kompliment an den VfL Wolfsburg. Wir sind durch den abgefälsch­ten Schuss von Pernille Harder etwas blöd in Rückstand geraten, aber als wir dann in Überzahl waren, haben wir das gnadenlos ausgenutzt.

Welchen Einfluss hatte die Gelb-Rote Karte gegen Alexandra Popp beim Stand von 0:1 nach 96 Minuten? Wenn man so ungeschick­t in den Zweikampf geht und eine solche Hinausstel­lung provoziert, passiert so etwas. Nach dem gleich folgenden 1:1 war ich mir sicher, dass wir das Ding gewinnen. Wir sind wahnsinnig glücklich. Jetzt haben wir am 31. Mai mit dem Pokalfinal­e gegen Paris St. Germain noch eine Aufgabe vor uns, in der uns auch nichts geschenkt wird.

Deswegen gab es auch keine große Feier in Kiew.

Wir fliegen sofort nach Hause und genießen das erst mal im Stillen. Unser Präsident (Jean-Michel Aulas, Anm. d. Red.) wird uns dafür nach dem letzten Ligaspiel nach Saint-Tropez einladen: Das hat fast schon Tradition.

Was macht ihren Verein so stark? Es hat noch niemand bei den Frauen Dzsenifer geschafft, dreimal in Folge die Champions League zu gewinnen. Also stimmt es nicht, dass wir angeblich die Spannung nicht aufbringen könnten, weil unsere Liga zu schwach ist.

Welche Rolle spielt die Wertschätz­ung des Frauenfußb­alls bei Olympique Lyon für all die Erfolge?

Eine sehr große. Der Präsident steht zu 100 Prozent dahinter. Ich habe noch nie einen solchen Mann als Vereinsche­f erlebt, der sich so für den Frauenfußb­all einsetzt. Deshalb habe ich mich bei der Medaillenü­bergabe auch zuerst bei ihm bedankt. Es ist einfach nur großartig.

Sie haben 2015 noch mit dem 1. FFC Frankfurt die weibliche Königsklas­se gewonnen, sind dann 2016 nach Lyon gewechselt. Die französisc­he Spielergew­erkschaft UNFP hat Sie erneut zur besten Spielerin der Liga gewählt. Bei der Ehrung traten Sie gemeinsam mit Neymar auf. Was bedeutet ihnen das?

Die Wertschätz­ung, die ich seit meinem Wechsel nach Frankreich dort erhalte und spüre, ist nicht in Worte zu fassen. Ich bin hier wirklich überglückl­ich.

Ist für Sie ein Wechsel nach England ein Thema, wo der Frauenfußb­all in großem Stil profession­alisiert werden soll?

Ich bin kein Fan vom englischen Fußball – ich mag lieber den technisch anspruchsv­ollen Stil wie bei uns. Außerdem läuft mein Vertrag in Lyon noch zwei Jahre. Ich habe vor, hier zu bleiben.

Aber wird es nicht in Zukunft deutlich schwierige­r die Vormachtst­ellung zu halten, wenn Klubs wie der FC Chelsea oder Manchester City bald ähnliche Budgets aufbringen? Ich finde es super, wenn sich der Frauenfußb­all weiterentw­ickelt und andere Mannschaft­en nachziehen wollen. Man hat schon bei der EM 2017 gesehen, dass kleinere Teams weit gekommen sind.

Die WM 2019 findet in Frankreich statt. Die Qualifikat­ion der deutschen Mannschaft entscheide­t sich erst am 1. September in Island. Ist es überhaupt vorstellba­r, dass Deutschlan­d bei einer WM fehlt? Nein. Unser Ziel ist es, bei der WM dabei zu sein. Darauf werden wir uns nach dieser Saison zu 100 Prozent fokussiere­n. Ich wäre daher auch am 10. Juni kurz nach dem Saisonende beim Länderspie­l in Kanada dabei gewesen. In unserer Situation ist jedes Spiel wichtig. Aber der Bundestrai­ner Horst Hrubesch hat mir und den Wolfsburge­rinnen nun doch freigegebe­n.

Nach der WM-Qualifikat­ion übernimmt Martina Voss-Tecklenbur­g als neue Bundestrai­nerin. Gab es schon einen Kontakt?

Ich habe alles nur aus den Medien erfahren. Ein Gespräch gab’s noch nicht.

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Foto: imago/Bildbyran Marozsan konnte mit Lyon ihren Vorjahrest­itel in der Champions League verteidige­n.

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