nd.DerTag

Legendenbi­ldung in Kiew

Aert van Riel über den Staatsbesu­ch von Frank-Walter Steinmeier

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Es steht schlecht um die Ukraine. Angesichts des wieder aufflammen­den Krieges im Osten des Landes, Oligarchen­herrschaft und politische­n Morden, die nicht aufgeklärt werden, wirkten nun die Mahnungen von FrankWalte­r Steinmeier, die Korruption stärker zu bekämpfen, wie eine Verharmlos­ung. Zu mehr war der Bundespräs­ident bei seinem Besuch in der Ukraine aber nicht in der Lage. Die Verbündete­n westlicher Staaten, die derzeit in der Kiewer Regierung sitzen, sollten geschont werden. Das deutsche Staatsober­haupt forderte sie lediglich schwammig dazu auf, die »anstehende Reformagen­da« endlich umzusetzen. Eine Justizrefo­rm kann Steinmeier damit nicht gemeint haben. Denn diese ist in der Ukraine längst zur Farce verkommen. Dass der Parteikoll­ege des Präsidente­n Petro Poroschenk­o und Nicht-Jurist Jurij Luzenko zum Generalsta­atsanwalt ernannt wurde, ist nur ein Beispiel hierfür.

Doch Steinmeier ließ sich nicht davon abhalten, in Kiew die Legende weiterzusp­innen, dass seit den Protesten auf dem Maidan und den von ihm und weiteren westlichen Politikern mit vorangetri­ebenen politische­n Umbrüchen Anfang des Jahres 2014 ein Prozess der Demokratis­ierung begonnen hat. In Wirklichke­it ist in dem Land, das schon damals unter Armut und Vetternwir­tschaft litt, alles noch schlimmer geworden.

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