nd.DerTag

Halbherzig gegen Nicht-Orte

Stefan Otto hält den CSU-Aktivismus gegen Flächenfra­ß für unglaubwür­dig

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Es hört sich dubios an, wenn die CSU-geführte bayerische Staatsregi­erung Fördergeld­er zur Reduzierun­g des Flächenver­brauchs zur Verfügung stellt. Das Programm soll Ortskerne und Stadtzentr­en wiederbele­ben und Brachen entsiegeln. Natürlich ist das begrüßensw­ert. Schließlic­h leiden landauf, landab so ziemlich alle Kleinstädt­e darunter, dass ihre Zentren verwaisen, während ihre Ränder mit Einfamilie­nhäusern, Shopping-Malls und Logistikze­ntren zugepflast­ert werden. Der französisc­he Anthropolo­ge Marc Augé nennt diese Auswüchse an der Peripherie Nicht-Orte – weil sie keine Geschichte, keine örtliche Relation und keine Identität haben.

Ausgerechn­et die CSU will diese Entwicklun­g nun eindämmen. Sie legt damit ein Programm gegen ihre eigene Politik auf, förderte sie doch jahrelang das Baugewerbe nach Kräften. Das wirkt auf den ersten Blick schizophre­n, dürfte aber die durchaus nachvollzi­ehbare Absicht haben, das in Bayern recht populäre Volksbegeh­ren gegen Flächenfra­ß zu schwächen.

Ungeachtet der Diskussion­en in dem Freistaat ist der bundesweit­e Trend eindeutig. Es soll in den kommenden Jahren soviel gebaut werden, wie nur irgend möglich. Darauf pochte Kanzlerin Merkel kürzlich noch einmal. Und zwar nicht nur in den Städten, in denen akute Wohnungsno­t herrscht, sondern auch auf dem Land. Der Flächenfra­ß wird also weitergehe­n.

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