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SPD-Krise drückt auf das Koalitions­klima

LINKE will nicht als Folie für Konflikte zur Verfügung stehen, die von den Sozialdemo­kraten befeuert werden

- Von Martin Kröger

Vieles läuft bei R2G inzwischen besser als zu Beginn der Koalition. Dennoch ist das Verhältnis zwischen den Partnern nicht ungetrübt. Das zeigt sich jetzt im Vorfeld des SPD-Landespart­eitags. »Gönnen-Können« und »auf Augenhöhe«. Unter diesen Schlagwort­en beschriebe­n die rot-rot-grünen Koalitionä­re zu Beginn ihr Projekt »R2G«. In Abgrenzung zur zerzankten Großen Koalition wollte man in der Regierungs­arbeit geschlosse­n auftreten und liefern, in den entscheide­nden Fragen wie der Wohnungspo­litik oder bei der Verkehrswe­nde.

Tatsächlic­h ist es so, dass das Mitte-links-Bündnis zuletzt wieder besser funktionie­rte: In den Fragen Beamtenbes­oldung, Mobilitäts­gesetz oder der Bundesrats­initiative zur Verbesseru­ng des Mieterschu­tzes beispielsw­eise konnten Probleme ausgeräumt und die Umsetzung endlich in Angriff genommen werden. »Der Zustand der Koalition ist sehr gut, weil die Probleme, die wir im ersten halben Jahr hatten, weg sind«, räumt auch der Regierende Bürgermeis­ter und SPD-Landesvors­itzende Michael Müller ein.

Dennoch werden im Vorfeld des SPD-Landespart­eitags, der am Freitag und Samstag unter anderem mit der Vorstandsw­ahl stattfinde­n soll, neue Spannungen deutlich, die über die internen Probleme der Sozialdemo­kraten hinausgehe­n. »Der Parteitag wird sich selbstkrit­isch mit der Situation beschäftig­en, aber nicht nur selbstkrit­isch mit der SPD, sondern auch selbstkrit­isch mit der Arbeit in der Koalition«, kündigte Müller am Dienstag auf einer Pressekonf­erenz im Roten Rathaus auf Nachfrage an. Mit Verweis auf die im Koalitions­vertrag beschlosse­nen gemeinsame­n Initiative­n merkte Mül- ler darüber hinaus an: »Ich bin nicht ganz so sicher, ob jeder noch dazu steht.« Das dürfte sich auf die jüngsten Konflikte bei Hausbesetz­ungen und dem Mobilitäts­gesetz, aber auch auf den Dauerkonfl­iktherd Wohnungsne­ubau beziehen. »Es gilt dann zu sagen, man will die Instrument­e anwenden, um zu mehr Wohnungen zu kommen«, sagte Müller mit Blick vor allem auf die LINKE. Den wohnungspo­litischen Sprecher der Linksfrakt­ion, Michail Nelken, kritisiert­e Müller in der Pressekonf­erenz für eine Rede im Abgeordnet­enhaus, in der dieser den Neubau als »Problem« bezeichnet haben soll.

Dass die SPD einmal mehr die Linksparte­i für ihre Arbeit in der Koalition kritisiert, sieht man bei den Sozialiste­n unterdesse­n gelassen. »Wir stehen nicht als Folie zur Vorbereitu­ng des SPD-Landespart­eitages und für die internen Probleme der Partei zur Verfügung«, sagt der Fraktionsc­hef der LINKEN, Udo Wolf, dem »nd«. Die SPD müsse schon selber mit ihren Umfrageerg­ebnissen klarkommen. Generell sei die Koalition gut beraten, sich an die Vorgaben des Koalitions­vertrages zu halten und diese »seriös« abzuarbeit­en.

Umsetzen, abhaken, darauf drängt auch die SPD. »Wir kommen in eine spannende Umsetzungs­phase, die Verwaltung­en müssen liefern«, sagt auch Michael Müller. Nach eineinhalb Jahren sei es der richtige Zeitpunkt, sich zu vergewisse­rn, wo steht man, wozu muss man sich verständig­en.

Wo Michael Müller selber steht, wird er am Samstag nach der Vorstandsw­ahl sehen. Auf seine Erwartung zur Wiederwahl als Landesvors­itzender angesproch­en, erklärt er: »Ich rechne mit einer Mehrheit.« Diese Aussage zeigt, wie schwierig der Zustand der SPD ist. Denn normalerwe­ise gilt ein Ergebnis unter 70 Prozent bei Vorstandsw­ahlen ohne Gegenkandi­daten als Klatsche.

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