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Merkel: Iran muss zurückgedr­ängt werden

Kanzlerin beriet mit Netanjahu über den Einfluss Teherans in Nahost

- Von Olaf Standke

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Einfluss Irans in der Nahostregi­on als »besorgnise­rregend« bezeichnet. Dies gelte »insbesonde­re auch für die Sicherheit Israels«, sagte Merkel am Montag nach einem Treffen mit Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu in Berlin. Deutschlan­d werde alle diplomatis­chen Bemühungen unternehme­n, »um hier unseren Einfluss geltend zu machen, um Iran aus der grenznahen Region zu Israel zurückzudr­ängen«. Damit bezog sie sich auf syrische Gebiete. Merkel kündigte für den 4. Oktober deutsch-israelisch­e Regierungs­konsultati­onen an. Es gebe zwischen Deutschlan­d und Israel Meinungsve­rschiedenh­eiten, etwa zur Aufkündigu­ng des IranAtomab­kommens durch die USA, »aber wir sind Freunde und Partner«, sagte Merkel.

Netanjahu reist derzeit durch Europa, um nach eigener Aussage in Berlin, Paris und London Partner für ein Bündnis gegen Iran zu finden.

Es ist vor allem eine Werbetour des israelisch­en Regierungs­chefs Benjamin Netanjahu – für ein härteres Vorgehen gegen Teheran und den endgültige­n Abschied vom Atomabkomm­en mit Iran, nachdem US-Präsident Donald Trump den Ausstieg seines Landes verkündet hat. »Ich werde drei politische Führungspe­rsönlichke­iten treffen und zwei Themen behandeln: Iran und Iran«, erklärte der Ministerpr­äsident am Montag. Berlin, Paris und London heißen seine Stationen – dort will man an der internatio­nalen Vereinbaru­ng festhalten. Israel hat sie immer abgelehnt und mit dem Amtsantrit­t von Trump den Druck noch einmal verstärkt; bis hin zu einer Propaganda-Show Netanjahus im Fernsehen, um aller Welt die Verlogenhe­it Teherans und des Deals vor Augen zu führen.

Druck auf Teheran erhöhen Auch bei seinem Treffen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel werde es als »Erstes« darum gehen, dass man »weiteren Druck auf Iran wegen seines Atomprogra­mms braucht«, so Israels Premier. Es könne zwar sein, dass es bei diesem Thema »im Moment keine völlige Übereinsti­mmung gibt«, wie er kurz vor seinem Abflug einräumte. Doch gehe es auch darum, die »iranische Aggression in der Region zu stoppen, besonders die Versuche, eine militärisc­he Präsenz gegen uns in Syrien zu etablieren und uns von dort aus anzugreife­n«. Zumindest in diesem Punkt hoffe er darauf, sich auf eine gemeinsame Position mit seinen Gesprächsp­artnern zu einigen – nach Angela Merkel sind das der französisc­he Präsident Emmanuel Macron und die britische Premiermin­isterin Theresa May. Sie und die EU bemühen sich um die Rettung des Abkommens. Nicht zuletzt, weil es auch um ihre diplomatis­che Glaubwürdi­gkeit geht. Allerdings wächst der Druck auch in der Union, möchten doch vor allem die osteuropäi­schen EUStaaten ihren Sicherheit­sgaranten USA lieber nicht verärgern. Die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde (IAEA) hat Iran am Montag zu »proaktiver Kooperatio­n« mit seinen Inspekteur­en aufgerufen, um das »Vertrauen zu stärken«.

Spannungen mit Berlin

Die deutsch-israelisch­en Beziehunge­n sind aber nicht nur wegen Iran angespannt. Die Bundesrepu­blik drängt immer wieder auf Friedensge­spräche zwischen Israel und den Palästinen­sern, plädiert weiter für eine Zweistaate­nlösung. Dem umstritten­en Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem will man in Berlin nicht folgen. Schon Anfang vergangene­n Jahres hatte die Kanzlerin ganz offensicht­lich aus Verärgerun­g über die israelisch­e Siedlungsp­olitik in den palästinen­sischen Gebieten die bilaterale­n Regierungs­konsultati­onen auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Jetzt sollen sie im Herbst in Jerusalem nachgeholt werden. Ein Treffen mit Sigmar Gabriel bei dessen Antrittsbe­such ließ Netanjahu kurzerhand platzen, weil der damalige Bundesauße­nminister auch mit regierungs­kritischen Organisati­onen sprechen wollte.

Wie der israelisch­e Botschafte­r in Deutschlan­d, Jeremy Issacharof­f, jetzt in einem Interview betonte, sei man aber in »sehr intensiven« Gesprächen über den Umgang mit Teheran. «Auch das Raketenpro­gramm erfüllt uns mit Sorge«, so Issacharof­f. Die von Merkel wiederholt getroffene Feststellu­ng, dass Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräso­n sei, »ist ein starkes Element unserer täglichen Zusammenar­beit«, so der Botschafte­r. Die Bundesregi­erung hat versproche­n, die von Netanjahu präsentier­ten Dokumente aus einem «geheimen Atomarchiv» in Teheran zumindest gründlich zu prüfen.

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