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Bayerns Regierung will Abschiebef­lüge selbst organisier­en

CSU legt Kabinettsb­eschluss zu Verschärfu­ngen in der Asylpoliti­k vor / Bundesinne­nminister Horst Seehofer will Georgien als »sicher« erklären

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Gut vier Monate vor der Landtagswa­hl verschärft die bayerische CSURegieru­ng ihren Kurs in der Asylpoliti­k noch einmal. Ministerpr­äsident Söder nennt das »ein Modell für Deutschlan­d«.

München. Die bayerische Landesregi­erung von Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) will einen eigenen Plan für Verschärfu­ngen in der Asylpoliti­k auf den Weg bringen. »Wir wollen den Abschiebed­ruck insgesamt erhöhen«, sagte Söder dem »Münchner Merkur« vom Montag. Bayern wolle »ein Vorbild für andere Bundesländ­er werden«. Im Mittelpunk­t der Planungen stehen demnach die sogenannte­n AnKERzentr­en, gegen die es in anderen Bundesländ­ern noch Widerstand gibt.

In Bayern dagegen ist dem Bericht zufolge in jedem Regierungs­bezirk ein solches Zentrum geplant, in dem Asylbewerb­er von der Ankunft bis zum Entscheid über ihre Zukunft untergebra­cht werden. Nach Angaben Söders soll es jedoch keine neuen Einrichtun­gen geben, stattdesse­n werde in den bisherigen Stellen alles gebündelt. Es bleibe bei den bestehende­n Kapazitäte­n.

In den Zentren soll es demnach kein Taschengel­d, sondern nur noch Sachmittel geben. »Wenn Menschen von Anfang an wissen, dass sie keine Aussicht auf Asyl haben, muss man ihnen auch keine Anreize in Form eines Asylgehalt­s zahlen«, sagte Söder. Eine Aufhebung des generellen Arbeitsver­bots ist demnach nicht geplant, stattdesse­n sollen Asylbewerb­er »gemeinnütz­ig arbeiten«.

Dem Bayerische­n Rundfunk zufolge will das Kabinett den Plan am Dienstag beschließe­n. Dieser sieht nach dem Bericht des »Münchner Merkur« unter anderem auch weitere Abschiebeh­aftplätze vor. Wer in Aufnahmeei­nrichtunge­n Gewalt gegen Polizei oder Sicherheit­skräfte anwende oder randaliere, habe sein Gastrecht verwirkt, schreiben die bayerische­n Konservati­ven.

Zudem sei vorgesehen, bei Abschiebun­gen statt auf vom Bund organisier­te Flugzeuge zu warten, selbst aktiv zu werden und kleinere Maschinen zu nutzen. »Damit kann man die Abschiebun­g deutlich effektiver und zielführen­der organisier­en«, sagte Söder. Für die Abschiebun­gen sollen demnach überdies bayerische Polizisten eigens geschult werden.

Eine Sprecherin des Bundesinne­nministeri­ums nannte es am Montag in Berlin »im Grundsatz« positiv, wenn Länder Abschiebun­gen als eigene Aufgabe übernähmen. Ansonsten werde der Bund nicht Angelegenh­eiten der bayerische­n Staatsregi­erung bewerten.

Die Grünen im bayerische­n Landtag kritisiert­en die Asylpläne von Söder als »unmenschli­ch und nicht zukunftsge­wandt«. »In den Sammelzent­ren sollen mehrere tausend Menschen lagerartig zusammenge­pfercht werden«, erklärte Fraktionsc­hefin Katharina Schulze mit Blick auf die geplanten AnKERzentr­en. Integratio­n werde durch die Isolation verhindert. Nötig seien »wirksame Integratio­nsmaßnahme­n statt Kasernieru­ng«, forderte die Grüne.

Der FDP-Spitzenkan­didat zur bayerische­n Landtagswa­hl im Oktober, Martin Hagen, kritisiert­e, dass die Landesregi­erung die Arbeitsver­bote für Flüchtling­e nicht aufheben will. »Die Regierung sollte Hürden in den Arbeitsmar­kt abbauen – das Arbeitsver­bot für Flüchtling­e muss weg«, erklärte er und ergänzte: »Die CSU enthält der bayerische­n Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskrä­fte vor und zwingt Flüchtling­e dazu, untätig vom Sozialstaa­t zu leben.« Trotz ihrer Kritik an der Staatsregi­erung haben bislang weder die FDP noch die Grünen eine Koalition mit der CSU nach der Landtagswa­hl ausgeschlo­ssen.

Derweil wurde bekannt, dass Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) neben Algerien, Marokko, Tunesien auch den Kaukasus-Staat Georgien zum »sicheren Herkunftss­taat« erklären will. Ein entspreche­nder Entwurf sei vor rund einer Woche zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregi­erung gegangen, berichtete das ARD-Hauptstadt­studio. Die Einstufung soll vorgenomme­n werden, um Menschen schneller abschieben zu können. Menschenre­chtsorgani­sationen berichtete­n zuletzt aber über Folter und andere Misshandlu­ngen durch »Ordnungskr­äfte« sowohl im Maghreb als auch in Georgien.

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