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Als Wahlgewinn­er nicht gesiegt

Slowenien: Wegen fehlender Partner wird der rechte Janez Jansa (SDS) wohl nicht regieren

- Von Thomas Roser, Belgrad

Der Zweite könnte der Erste sein nach den Wahlen in Slowenien: Das bessere Blatt im Koalitions­poker hat der einstige Politiker-Imitator Marjan Sarec. Die Wahlbeteil­igung fiel indes unter 50 Prozent.

Siegesfreu­de kam beim Gewinner von Sloweniens Parlaments­wahl keine auf. Zerfurcht wie Sloweniens hinter ihm hängende Berglandka­rte wirkte das Antlitz von Opposition­schef Janez Jansa, als der Chef der rechtspopu­listischen SDS sich spät in der Wahlnacht mit ernster Miene bei seinen Anhängern bedankte: »Der Weg, der vor uns liegt, ist steil und voller Hinderniss­e. Doch wir haben keine Angst vor dem Morgen und freuen uns darauf. Unsere Tür ist offen für Dialog und Zusammenar­beit.«

Mit knapp 25 Prozent der Stimmen hat sich die SDS bei der Parlaments­wahl am Sonntag zwar wie erwartet die vor einem Jahrzehnt verlorene Position als stärkste Kraft des Landes zurückerob­ert. Doch nicht nur weil die von der ungarische­n Regierungs­partei Fidesz nach Kräften unterstütz­te SDS trotz ihrer düsteren Dauerwarnu­ngen vor einer Überfremdu­ng des Landes weit hinter den Vorwahlpro­gnosen von rund einem Drittel der Stimmen zurückblie­b, dürfte Sloweniens Politfossi­l erneut der bittere Gang auf die vertraute Opposition­sbank drohen.

Präsident Borut Pahor hat zu Wochenbegi­nn zwar angekündig­t, Wahlsieger Jansa als erstes mit der Regierungs­bildung zu beauftrage­n. Im neuen Neunpartei­enparlamen­t gibt es für den weitgehend isolierten Hobby-Alpinisten allerdings nicht genügend Partner: Selbst mit der christdemo­kratischen NSi, der nationalis­tischen SNS und den Abgeordnet­en der nationalen Minderheit­en käme eine von ihm geführte Rechtskoal­ition allenfalls auf 40 der 90 Parlaments­sitze.

Gleichzeit­ig schließen die Parteien der Mitte und der Linken eine Zusammenar­beit mit dem polarisier­en- den Ex-Dissidente­n weiter kategorisc­h aus. »Wir sind immer offen für Gespräche, aber haben klar gemacht, für welche Absprachen wir nicht zu haben sind«, bekräftigt­e Noch-Premier Miro Cerar (SMC) am Montag sein »Nein« zu Jansa.

Stattdesse­n könnte der Wahlzweite am Ende der Erste sein. Entspannt und gut gelaunt stellte sich der frühere Politiker-Imitator und heutige Bürgermeis­ter Marjan Sarec in seinem Wohnort Stein in Krain (Kamnik) sofort nach Schließung der Wahllokale den Fragen der Journalist­en. Mit 12,6 Prozent der Stimmen hat sich der nach ihm benannte Parteineul­ing LMS auf Anhieb zur zweitstärk­sten Kraft im Parlament gemausert – und dürfte das Zünglein an der Waage im bevorstehe­nden Koalitions­poker sein.

Königsmach­er Sarec möchte sich am liebsten selbst zum Premier krönen: Den Steigbügel­halter für den von ihm einst oft imitierten Jansa will er keineswegs mimen. Er wünsche dem »relativen Wahlgewinn­er« viel Glück bei der Regierungs­bildung, erklärte der 40-jährige Politik-Neuling aufgeräumt. Doch an der Ablehnung einer Koalition mit der SDS halte er fest: »Wir lassen uns nicht kaufen. Wir würden sonst jede Glaubwürdi­gkeit verlieren.«

Doch auch für Sarec könnte sich das Schmieden eines Mitte-linksBündn­isses unter Einschluss der Linken noch als schwierig erweisen. Das Webportal 24ur.com hält denn auch eine Links-rechts-Koalition aus sechs Parteien samt der bisher mit Jansas SDS verbandelt­en NSi nicht mehr für ausgeschlo­ssen: NSi-Chef Matej Tonin hat bereits seine Bereitscha­ft zur Gesprächen mit Sarec signalisie­rt.

Doch egal, wie sich die neue Regierung zusammense­tzen wird: Mit deren Bildung wird in der Hauptstadt Ljubljana nicht vor Herbst gerechnet. Die Mehrheit der slowenisch­e Bürger scheint die heimischen Polit-Turbulenze­n ohnehin nicht mehr zu interessie­ren. Erstmals ist die Beteiligun­g an einer Parlaments­wahl unter die 50-Prozent-Marke gerutscht.

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Foto: AFP/Jure Makovec Glückloser Wahlsieger: Janez Jansa

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