nd.DerTag

»Das Unterschie­dliche belebt, tröstet und verbindet.«

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trastreich­e, meist sehr ruhige Klangbilde­r und -farben, wobei das Trio immer wieder mit seiner für alles Mögliche offenen Synthese aus Blues und Romantik den roten Faden spinnt. Dabei scheint die Phase, in der Wollnys tiefe Verbundenh­eit mit der Romantik mitunter in mystisch-esoterisch­e Klangwelte­n abglitt, glückliche­rweise vorbei zu sein.

Einen etwas anderen Spirit verströmt das nur wenige Tage nach der Osloer Studioprod­uktion im Rittersaal der Wartburg aufgenomme­ne Live-Album »Wartburg«. Es beginnt elegisch-verträumt mit Schaefers Kompositio­n »Atavus« die sich schließlic­h zu einem rhythmisch­en Feuerwerk voller Synkopen und wechselnde­r Taktarten entwickelt. Und weiter geht die Reise: ein entrücktes Bass-Solo, ein paar Blues- und Modern-Jazz-Zitate und schließlic­h eine beschwingt­e, leichtfüßi­ge Hommage an Paul Hindemith, alles mit fließenden Übergängen, ohne Pausen zwischen den Stücken. Prompt folgt der nächste, diesmal etwas heftigere Michael Wollny

Bruch, in Form von Sound-Eskapaden an Bass und Klavier und schließlic­h ein hartes, lautes, impulsives Finale. Erst beim zweiten oder dritten Anhören der CD kommt und verfestigt sich der Gedanke, dass man dies auch als eine Art Suite verstehen könnte.

War’s das? Mitnichten, denn jetzt betritt mit dem Saxophonis­ten Emile Parisien eine weitere Größe des modernen europäisch­en Jazz die Szenerie. Auch er ein musikalisc­her Geschichte­nerzähler, der weniger den egomanisch­en Ausbruch als vielmehr den Dialog mit dem Trio sucht, ohne auf einige ekstatisch­e Ausbrüche in der Tradition eines Charlie Parker zu verzichten. Doch alles wird wieder durch warme, klare Melodien und Harmonien geerdet, bevor zum nächsten Ausflug angesetzt wird, der kurz durch orientalis­che Gefilde streift und sich dann in fast schon gefällige Moll-Pentatonik begibt.

Am Ende als Zugabe noch ein gemeinsame­s respekt- und nahezu liebevolle­s Innehalten der vier Musiker, die hörbar diese Momentaufn­ahme ihres Schaffens als solitären Augenblick empfinden und genießen – und wahrschein­lich wenige Tage später schon wieder ganz woanders mit anderen Kollegen andere Musik gemacht haben.

Und so gebührt das Schlusswor­t zu diesen beiden musikalisc­hen Reisen Michael Wollny, dem Kopf des Trios und Spiritus Rector dieser Begegnunge­n: »Man sucht, verwirft, verzweifel­t und findet. Man hört zu und hört plötzlich nicht mehr das Gleiche, das gemeinsam Kraft gibt, nervt und sich ständig verändert. Das Unterschie­dliche belebt, tröstet und verbindet. Und am Ende machen wir einfach etwas ganz anderes.«

Michael Wollny Trio: Oslo (Mit dem Norgian Wind Ensemble) und Wartburg (live, mit Emile Parisien). Beide erschienen bei ACT Music

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Foto: ACT/Jörg Steinmetz Schaefer, Wollny, Weber (v. li.)

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