nd.DerTag

Platz machen

- Samuela Nickel über die Straßenumb­enennungen in Namibia

Die Geschichte in Windhuk wird umgeschrie­ben: In Namibias Hauptstadt wurden zahlreiche Alleen, Gassen und Wege umbenannt – und somit die Vergangenh­eit der brutalen deutschen Kolonialhe­rrschaft aus dem Stadtbild getilgt. Die Straßen der ehemaligen Kolonialis­ten wurden zu Stätten des Widerstand­s gegen Unterdrück­ung: Die neuen Namen erzählen von den Helden des afrikanisc­hen Befreiungs­kampfes. Johann Sebastian Bach muss da Platz machen für den Herero-Chief Kuaima Riruako. Geschichte zu tilgen und damit aus den Köpfen zu vertreiben, ist heikel, wenn dieser Prozess mit Vergessen einhergeht. Aber in Windhuk geht es um anderes: Schmerzhaf­te Erinnerung­en aus der Kolonialze­it von 1884 bis 1915 werden nun endlich aufgearbei­tet. So wird Raum geschaffen für eine neue Erzählung – über die Vergangenh­eit Namibias, aber auch über die Zukunft.

Nur Berlin hinkt noch hinterher. Nach jahrelange­r Debatte wurde Mitte April beschlosse­n, drei Straßennam­en in Wedding, die an deutsche Kolonialhe­rren erinnern, durch afrikanisc­he Unabhängig­keitshelde­n zu ersetzen. Die Umbenennun­g von Straßen in Berlin ist ein längst überfällig­er Schritt. Als Nächstes muss die Rückgabe sowohl der zurückgefo­rderten Kunstwerke als auch der Gebeine, Knochen und Schädel erfolgen, die während der Kolonialze­it nach Deutschlan­d gebracht wurden.

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