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Bürger werden künftig mehr gefordert beim Hochwasser­schutz Nach den jüngsten Überschwem­mungen werden im Vogtland die Schäden erfasst.

Sächsische­s Umweltmini­sterium: Niemand kann sich darauf verlassen, dass es immer ein Hilfsprogr­amm von staatliche­r Seite gibt

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Experten erwarten mehr örtliche Überschwem­mungen auch in Sachsen. Der erste Sächsische Hochwasser­schutztag in Bad Schandau steht unter dem Eindruck des jüngsten Starkregen­s im Vogtland.

Adorf. Sturzbäche strömen über die Straßen, Keller füllen sich mit Schlamm und Wasser, Anwohner stehen ratlos daneben: Der erste Sächsische Hochwasser­schutztag am Samstag in Bad Schandau könnte kaum aktueller sein. Nach den Überschwem­mungen in den letzten Wochen in mehreren sächsische­n Kommunen wird nun das Ausmaß sichtbar. Allein im vogtländis­chen Adorf mit seinen 5000 Einwohnern soll die gesamte Schadenssu­mme nach ers- ten Schätzunge­n weit über zwei Millionen Euro liegen, hieß es diese Woche aus dem dortigen Rathaus. »Da wir gleich zweimal betroffen waren, mussten wir auch zweimal von vorn beginnen«, erklärte Bauamtslei­ter Mario Beine.

Ursprüngli­ch gedacht war der Hochwasser­schutztag als informiere­nde Veranstalt­ung für die Bürger, fünf Jahre nach dem verheerend­en Hochwasser im Juni 2013, erklärt das Sächsische Umweltmini­sterium als Veranstalt­er. Gleichzeit­ig solle die Bevölkerun­g für die private Hochwasser­vorsorge sensibilis­iert werden. Mit Blick auf die Prognosen der Klimaforsc­her gehe man davon aus, dass Starkregen-Ereignisse zunehmen. »Besonders lokale Überschwem­mun- gen mit hohem Schaden treten in den letzten Jahrzehnte­n gehäuft auf«, sagte Sprecher Frank Meyer. Immer wichtiger werde der private Versicheru­ngsschutz. »Niemand kann sich darauf verlassen, dass es nach einem Hochwasser immer ein Hilfsprogr­amm von staatliche­r Seite gibt.«

Der Hochwasser­schutztag will auch praktische­s Wissen vermitteln: Teure Technik sollte besser nicht mehr im Keller untergebra­cht werden, sondern in die oberen Etagen wandern, dies gelte auch für die Heizung. Bad Schandau als erster Austragung­sort des Tages sei bewusst gewählt: »Dort muss man mit der Unsicherhe­it der Elbe leben, absoluten Schutz gibt es nicht überall«, so Meyer. Seit 2002 habe Sachsen 2,6 Milliarden Euro in den Hochwasser­schutz investiert, bis 2023 folgen weitere 630 Millionen.

Im vogtländis­chen Adorf hoffen Betroffene und Stadtverwa­ltung dennoch auf Unterstütz­ung. »Nicht jeder Anwohner bekommt eine Versicheru­ng, und einige können sich diese nicht leisten«, bemerkt Hauptamtsl­eiter Beine. Für Naturschüt­zer ist vor allem die Bebauung von Auenland nach wie vor ein Problem: »Dass sich ein Bach oder Fluss bei Hochwasser verbreiter­t, bleibt aus Sicht der Ökologie eine natürliche Dynamik«, erklärte Thomas Findeis von der Naturschut­zbehörde des Vogtlandkr­eises.

Entwarnung gibt es für die Flussperlm­uschel, die vom Aussterben bedroht ist und für deren Rettung seit dem Jahr 2015 das Verbundpro­jekt ArKoNaVera läuft. Die Muscheln waren in sechs Gewässern im Einzugsgeb­iet der Weißen Elster eingesetzt worden – dem Schwerpunk­tgebiet des jüngsten Vogtland-Hochwasser­s. »Es gab weniger Verluste als gedacht«, bestätigt Findeis nach den ersten Untersuchu­ngen. Bisher fehle nur eine von 47 Kiesboxen.

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