nd.DerTag

Ein Zeitfenste­r für Frieden

Alexander Isele über das Treffen von Trump und Kim

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Ein bestens gelaunter Kim Jong Un, ein bestens gelaunter Donald Trump: Die Bilder aus Singapur täuschen darüber hinweg, dass die Übereinkun­ft wenig Konkretes festhält (nukleare Abrüstung gegen Sicherheit­sgarantien) und vor allem auf der persönlich­en Verpflicht­ung der beiden Staatschef­s beruht. Dabei hat die Vergangenh­eit gezeigt, dass beide nur allzu gern auf ihr Geschwätz von gestern pfeifen.

Der Gipfel könnte aber trotzdem der Beginn eines Wandels in der Sicherheit­sarchitekt­ur Nordostasi­ens sein, ein Zeitfenste­r für Veränderun­g tut sich auf. Die vage gehaltene Ankündigun­g Trumps, die USA würden zukünftig keine Militärman­över auf der koreanisch­en Halbinsel mehr abhalten, mitsamt einer verklausul­ierten Truppenabz­ugsankündi­gung, lassen den Druck auf die konservati­ven Hardliner in Südkorea und Japan steigen, künftig allein für die Kosten ihrer militärisc­hen Stärke aufkommen zu müssen – auch in den Hauptstädt­en Europas kennt man das erklärte Ziel Trumps, das er auf der Pressekonf­erenz in Singapur zum wiederholt­en Mal sagte, nicht länger für die Verteidigu­ng Europas bezahlen zu wollen.

Für Nordkorea ist der Gipfel schon deshalb ein riesiger Erfolg, die Chancen auf ein Friedensab­kommen mit dem Süden steigen. Das Zeitfenste­r dafür ist allerdings begrenzt, denn auch mit Blick auf China dürfte keine andere US-Administra­tion (schon gar nicht eine der Demokraten) dazu bereit sein, ihre wichtigste­n Militärstü­tzpunkte in Ostasien aufzugeben.

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