nd.DerTag

Scholzens Sozialpoli­tik light

Kurt Stenger über die europapoli­tischen Vorstellun­gen des Finanzmini­sters

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So viel Soziales soll dann doch nicht sein. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz will EU-Krisenstaa­ten, in denen die Arbeitslos­igkeit stark ansteigt, aus einem neuen Topf finanziell unterstütz­en. Dass nur gemeinsame­s Handeln die Eurozone stabilisie­ren kann, weiß der ökonomisch nicht ungebildet­e SPD-Politiker natürlich und bietet den Rechten und Nationalis­ten Paroli, die jegliche Solidaritä­t mit den Ärmeren ablehnen. Aber es würde auch so gar nicht zu dem Ultra-Pragmatike­r passen, wenn er sich für einen großen Wurf ins Zeug legen würde, den die EU-Kommission vorgeschla­gen hat: eine einheitlic­he EU-Arbeitslos­enversiche­rung.

Passend dazu unterstütz­t Scholz auch die Idee einer stark abgespeckt­en Finanztran­saktionsst­euer, die der französisc­he Präsident ins Spiel gebracht hat, um das Projekt in der EU von der ganz langen Bank zu kriegen. Wenn aber nur Aktiengesc­häfte besteuert werden, ist auch lediglich mit einem Bruchteil der ursprüngli­ch veranschla­gten Einnahmen zu rechnen. Eine Arbeitslos­enversiche­rung bekommt man damit nicht finanziert. Den von Scholz vorgeschla­genen Notfalltop­f hingegen schon.

Die Politik der kleinen Schritte hat aber einen ganz entscheide­nden Fehler: Mit einer Sozialpoli­tik light wird die Eurozone bei der nächsten größeren Krise auch wieder ziemlich alt aussehen.

Berlin. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz hat seine Idee eines gemeinsame­n EU-Finanztopf­es im Kampf gegen die Arbeitslos­igkeit bekräftigt. Irgendwann werde es wieder eine schwere Wirtschaft­skrise geben; darauf sollte man sich vorbereite­n, sagte der stellvertr­etende SPD-Chef im RBB-Inforadio. »Ich glaube schon, dass wir für die Eurozone ein System brauchen, in dem wir erst mal festlegen, alle Staaten sollen ein Schutzsyst­em für ihre Arbeitslos­en haben.« Für eine einheitlic­he Arbeitslos­enversiche­rung in der Eurozone seien die Lebensverh­ältnisse aber zu unterschie­dlich, so Scholz. Sinnvoll sei aber eine gemeinsame Rückversic­herung. In diesem Zusammenha­ng sprach sich der Minister für einen Neuanlauf bei der Finanztran­saktionsst­euer aus. Scholz unerstützt den Vorschlag des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, der nur Aktien, nicht aber Derivate umfasst.

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