nd.DerTag

Neuer Anlauf im Normandie-Format für Ukraine-Lösung

Gespräche über UN-Friedensmi­ssion in der Konfliktre­gion im Osten des Landes beim Vierertref­fen in Berlin begonnen

- Von Roland Etzel

Die Außenminis­ter Deutschlan­ds Frankreich­s, Russlands und der Ukraine haben über den Ukraine-Konflikt beraten. Hauptthema war eine mögliche Blauhelmmi­ssion im Osten des Landes. Das sogenannte Normandie-Format war in der Vergangenh­eit ein probates bei der Suche nach Wegen zur Lösung des Ostukraine-Konflikts. Das wenige, was in der Sache vereinbart wurde, geht auf Vierertref­fen von hohen Vertretern der vier Staaten Deutschlan­d, Frankreich, Russland und Ukraine zurück.

Das letzte Treffen war allerdings bereits vor 16 Monaten. Die Chance der Fortsetzun­g hätte es zwar schon im Februar gegeben, als die Außenminis­ter der vier in München zur Sicherheit­skonferenz weilten, aber ihr potenziell­er Gastgeber Sigmar Gabriel ließ die Möglichkei­t verstreich­en. Er zog es vor, den von der Türkei freigelass­enen Journalist­en Deniz Yücel in Berlin zu begrüßen.

Jetzt also endlich wieder ein Treffen, diesmal in der Nacht zu Dienstag in der Villa Borsig im Berliner Stadtbezir­k Reinickend­orf. Denn es war Eile geboten – zumindest die Schweizer Leitung der Beobachter­mission der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa sieht das so. Zwar hält der in den Minsker Abkommen von 2014/15 vereinbart­e Waffenstil­lstand, aber nur im Prinzip. Die Zahl der Zwischenfä­lle weise eine zunehmende Tendenz auf, so die Beobachter. Gesucht werden soll jetzt vor allem eine Möglichkei­t für den besseren Schutz von »kritischer Infrastruk­tur«, wie sich Bundesauße­nminister Heiko Maas ausdrückte. Es soll der Zivilbevöl­kerung einen stabilere Versorgung mit Gas, Strom, Wasser und Wärme garantiere­n. Zum Beispiel geht es darum, Attacken auf die Wasserfilt­rierstatio­n in Donezk künftig zu verhindern.

Obwohl öffentlich nicht gesagt wird, gegen wen sich hier die Vorwürfe richten, kann wohl nur die Kiewer Seite gemeint sein, liegt die genannte Station doch jenseits ihres Herrschaft­sraums. Repräsenta­nten aus Donezk und Lugansk, die sich selbst als Regierende von Volksrepub­liken sehen, von der Kiewer Regierung allerdings als Separatist­en oder gar Terroriste­n tituliert werden, waren auch diesmal nicht zugelassen. Gleichwohl wäre bessere Schutz der Station durch neutrale Beobachter ein Punktgewin­n für sie.

Noch mehr wäre das der Fall, wenn UNO-Friedenstr­uppen einzögen und an der Demarkatio­nslinie zwischen Kiews Truppen und den separaten Republiken stationier­t würden. Das möchte der Kiewer Außenminis­ter Pawlo Klimkin aber wohl verhindern, wäre es doch so etwa wie eine völkerrech­tliche Anerkenntn­is dessen, dass sich auf der anderen Seite eben keine Terroriste­n befinden, sondern politische Körperscha­ften, deren Anspruch eine gewisse Legitimitä­t besitzt. Außerdem würde es die jetzige Grenzlinie zementiere­n und die Identifizi­erung von Verletzern des Waffenstil­lstands erleichter­n.

Die »Republiken« möchten die UNO-Soldaten also an der Grenze zu Kiews Herrschaft­sgebiet sehen – das ist nicht zufällig auch der russische Standpunkt und ein wenig auch der französisc­he –, während Klimkin sie in den »Republiken« verteilt sehen will, wie eine Besatzungs­macht. Dagegen sträuben sich Donezk und Lugansk. Man ist also in der UN-Frage noch am Anfang der Verhandlun­gen. Ohne Druck aus Berlin und Paris auf dieser und Moskau auf jener Seite wird es kaum vorwärts gehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany