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Fußballer spielen für den Frieden

Brandenbur­ger Jugendlich­e bei Straßentur­nieren in Nowoje Dewiatkino, Rostow und Sotschi

- In Rostow am Don Von Andreas Fritsche

Parallel zur Fußball-WM in Russland geht es in einem Straßenfuß­ballturnie­r um viel mehr als nur um den Sieg in einem Spiel – es geht um Frieden und Freundscha­ft. »Der Sport und seine Werte fasziniere­n alle Menschen, egal, welchem Land, welcher Kultur oder welcher Religion sie angehören. Diese einmalige Gemeinsamk­eit wollen wir mit unserer WM-Reise nutzen, um ins Gespräch zu kommen, um Vorbehalte und Vorurteile abzubauen und um neue Freunde zu gewinnen«, sagt Landesspor­tbundchef Andreas Gerlach.

Am Donnerstag fliegt eine 42-köpfige Delegation nach Russland, darunter 33 junge Sportler aus neun Bundesländ­ern. Parallel zur Fußballwel­tmeistersc­haft in Russland werden die jungen Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren sowie 400 russische Jugendlich­e Be- gegnungen im Straßenfuß­ball austragen. Gekickt werde ohne Torwart in gemischten Teams von je vier Fußballern auf 10 mal 15 Meter großen Spielfelde­rn, erläutert Projektlei­ter Uwe Koch von der brandenbur­gischen Sportjugen­d. 32 Mannschaft­en werden in Nowoje Dewiatkino bei St. Petersburg gegeneinan­der antreten, 40 Mannschaft­en in Rostow am Don und 20 in Sotschi.

Nur je 595 Euro Beitrag müssen die Teilnehmer für die Flüge, die Übernachtu­ng und die Verpflegun­g zahlen. Inbegriffe­n sind auch die Tickets für den Besuch des WM-Spiels Deutschlan­d gegen Schweden in Sotschi. Eigentlich kostet das alles 1800 Euro je Teilnehmer. Doch Projektlei­ter Koch hat Partner gefunden, die das Vorhaben unterstütz­en: das sind der Deutsche Fußball-Bund, das DeutschRus­sische Forum, das Auswärtige Amt und die F.C.-Flick-Stiftung. Außerdem spendiert das Land Brandenbur­g Lottomitte­l. Immerhin sind fast die Hälfte der Kicker hier zu Hause – in Beelitz, Potsdam, Michendorf und Cottbus. Spaß sollen die Turniere machen. Aber es geht noch um viel mehr, um die Begegnung der deutschen und russischen Jugend, um die Völkervers­tändigung und den Frieden. So gehört in Sotschi am 22. Juni eine Kranzniede­rlegung zum Programm. Es ist der Jahrestag des faschistis­chen Überfalls auf die Sowjetunio­n. Bekanntlic­h hatte Hitlerdeut­schland am 22. Juni 1941 angegriffe­n. Zu einem Krieg soll es nicht wieder kommen, doch der Aufmarsch von NATO-Truppen an den russischen Grenzen in Polen und im Baltikum lässt anderes befürchten.

»Sport kann Brücken bauen, wenn der Dialog auf anderen Ebenen ins Stocken gerät«, weiß Brandenbur­gs Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE). Er ist von Beruf Lehrer für Sport und Geschichte, begeistert­er Volleyball­er und Anhänger des Fußballver­eins Optik Rathenow. Görke reist mit nach Russland und möchte bei einem Freundscha­ftsspiel der Funktionär­e am 23. Juni im Olympiapar­k von Sotschi selbst an Leder treten.

Das Projekt »Deutsch-Russische Fußballbrü­cken« sieht Görke als »gute Gelegenhei­t, erneut für den Dialog mit Russland zu werben«. Er tue dies nicht, um einseitig Partei für Russland oder irgendjema­nden zu ergreifen, versichert der Finanzmini­ster, sondern weil er für eine Annäherung plädiere. Annäherung heiße nicht, »zu Menschenre­chtsverlet­zungen in anderen Staaten zu schweigen oder der dortigen Opposition die Unterstütz­ung zu entziehen«. Es sei aber »essenziell für den Frieden in Europa, im Gespräch mit Russland zu bleiben«. Deutschlan­d habe da eine historisch­e Verantwort­ung. Der Politiker unterstrei­cht: »Die Begegnung der jungen Sportlerin­nen und Sportler aus Deutschlan­d und Russland ist mehr als nur ein Fußballtur­nier, es ist ein Wechsel auf die Zukunft, um die heutige Eskalation zwischen den Staaten nicht bis in alle Ewigkeit fortzusetz­en.«

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Foto: AFP/Mladen Antonov

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