nd.DerTag

Schwerguth­afen oder Wohnungen

In Bremen drängt die CDU den rot-grünen Senat, ein neues Stadtviert­el zu bauen

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

Bremen braucht dringend Wohnraum. Da hört sich der Vorschlag aus der opposition­ellen CDU, auf dem Areal des Schwerguth­afens 15 000 Wohnungen zu errichten, gut an. Doch so einfach ist es nicht. Der Bau eines Siedlungsg­ebietes für 15 000 Menschen auf einem innerstädt­isch gelegenen Hafengelän­de ist für Teile der opposition­ellen Bremer CDU »ein hervorrage­nder Impuls für innovative Stadtentwi­cklung«. Anders die Parteien der Regierungs­koalition: Die hansestädt­ische SPD sah darin zunächst eine Schnapside­e, die Grünen reagierten mit Kopfschütt­eln. Doch auch aus dem wirtschaft­spolitisch­en Flügel der CDU gab es harsche Kritik. Fraktionsc­hef Thomas Röwekamp und der finanzpoli­tische Sprecher der Bremer CDU-Fraktion, Jens Eckhoff, lassen aber nicht locker. Und tatsächlic­h braucht Bremen dringend Wohnraum.

Zunächst war den Befürworte­rn von der CDU ein peinlicher Fehler unterlaufe­n, indem sie meinten, die etwa 100 Hektar große Hafenfläch­e, die zum Stadtteil Mitte gehört, werde kaum genutzt. Das rief die Bremer Handelskam­mer und Bremens Senator für Arbeit, Wirtschaft und Häfen, Martin Günthner (SPD) auf den Plan. Er ließ klarstelle­n, dass der auf der linken Weserseite in der Bremer Neustadt gelegene Hafen mitnichten weitgehend ungenutzt daliege.

Es handelt sich dabei um Bremens Schwerguth­afen, in dem alles Riesige und Schwere, das nicht in einen Container passt, verladen wird. Es gibt zudem vier Hektar Montage-Fläche, die den Hafen laut Logistiker­n zu- nehmend attraktiv macht. Mit Blick auf die sehr guten Entwicklun­gs- und Wachstumsp­rognosen in der Schwergut- und Projekt-Logistik wird von einer Nutzungser­weiterung der Häfen ausgegange­n. Demnach werden sie zunehmend auch als moderne Werkbank fungieren, wo riesige Ladungstei­le montiert oder demontiert werden können.

Den Kritikern der Siedlungsi­dee spielte auch die Tatsache in die Hände, dass kürzlich auf dem Hafenareal Europas größte Messe für Projektlad­ung und Schwergut – »Breakbulk« – stattfand. Günthner zog eine positive Bilanz und konnte vermelden, die Messe sei auch für das kommende Jahr akquiriert worden.

Röwekamp und Eckhoff hatten derweil Kontakte zu Architektu­rbüros aufgenomme­n, die sich schon mal Gedanken über einen neuen WohnStadtt­eil auf dem Gelände des Neustädter Hafens machen sollten. Was dabei herausgeko­mmen ist, wird nun in einer kleinen Ausstellun­g gezeigt, begleitet von Vorträgen und Diskussion mit den Initiatore­n und Architekte­n. Der zwischenze­itliche Aufschrei, der Neustädter Hafen sei unentbehrl­ich für Bremen, das auf die ersten Plätze im europäisch­en Ranking der Schwerguth­äfen schielt, wurde von Röwekamp und Eckhoff abgetan. Es gebe schließlic­h das Projekt eines neuen Offshore-Hafens (OTB) in Bremerhave­n für die Montage und Verschiffu­ng von Produktion­en aus der Windenergi­eindustrie.

Bremerhave­n ist Teil des ZweiStädte-Staats Freie Hansestadt Bremen und liegt 60 Kilometer entfernt von der Stadt Bremen, direkt an der Wesermündu­ng in die Nordsee. Der dort vorgesehen­e OTB wird aber wohl nicht realisierb­ar sein. Denn erstens ist die jahrelang große Szene der Offshore-Firmen in der Seestadt stark geschrumpf­t, die dortige Windenergi­ebranche steckt in der Krise. Und zweitens hängt ein Verfahren über die Rechtmäßig­keit des OTB vor dem Bremer Oberlandes­gericht bereits seit Jahren fest. Zudem haben Umweltschü­tzer angekündig­t, gegen den Hafenplan durch alle Instanzen zu ziehen.

Für den aus Bremerhave­n stammenden Röwekamp wäre es nichtsdest­otrotz die ideale Lösung für die wirtschaft­lichen Probleme der Stadt, wenn dort anstelle des OTB ein neuer Schwerguth­afen und damit Arbeitsplä­tze entstehen würden. Gegenwind auch in dieser Hinsicht kam jedoch prompt aus verschiede­nen politische­n Richtungen. Das stärkste Argument war der Hinweis, dass dieselben Punkte, die gegen den OTB sprechen, auch für jedes andere Hafenproje­kt an jener Stelle zutreffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany