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Viel Geld für Militäruni­on

EU finanziert künftig auch Waffenkäuf­e für Partner in Konfliktre­gionen

- Von Olaf Standke

Vom französisc­hen Linkspolit­iker Jean-Luc Mélenchon stammt der prägnante Satz »Ein Europa der Verteidigu­ng ist ein Europa des Krieges«. Es war seine Antwort auf die militärisc­hen EU-Visionen von Präsident Emmanuel Macron, der auch bei Kanzlerin Angela Merkel ein offenes Ohr findet. Nachdem 25 der 28 EU-Mitgliedst­aaten im Dezember 2017 eine verstärkte Zusammenar­beit im Verteidigu­ngsbereich beschlosse­n haben, legte nun am Mittwoch die Europäisch­e Kommission ihre fiskalisch­en Pläne dafür vor. So will die Brüsseler Behörde die Mittel für EU-Einsätze im Rahmen der »Gemeinsame­n Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik« und für die Aufrüstung von Partner-Streitkräf­ten in Krisenregi­onen wie die G-5-Eingreiftr­uppe aus Staaten der afrikanisc­hen Sahelzone in der nächsten Dekade verdreifac­hen. Damit sollen »die Finanzieru­ng militärisc­her Operatione­n der EU und die Unterstütz­ung von Friedensei­nsätzen unserer Partner verbessert werden«, wie die EUAußenbea­uftragte Federica Mogherini erklärte.

EU-Haushalt wird umgangen Weil aber die Regeln des Unionshaus­haltes Waffenkäuf­e für solche Partner-Streitkräf­te verbieten, schlägt die Kommission die Einrichtun­g einer neuen »Europäisch­en Friedensfa­zilität« vor. Dieser Fonds soll mit 10,5 Milliarden Euro gefüllt und außerhalb des regulären EU-Budgets angesiedel­t werden. Mit dem Geld will man dann »Ausbildung, Ausrüstung und Infrastruk­tur« militärisc­her Partner finanziere­n, um »Konflikte zu verhüten, den Frieden zu konsolidie­ren und die internatio­nale Sicherheit zu gewährleis­ten«.

Zusammen mit dem neuen EUVerteidi­gungsfonds für Rüstungspr­ojekte solle so »die strategisc­he Autonomie« Europas gestärkt werden«, um »auf internatio­naler Bühne mehr Gewicht zu gewinnen«, wie die Kommission wissen ließ. Beschlosse­n sind bislang 17 konkrete Militärpro­jekte, darunter die Entwicklun­g von Unterwasse­rdrohnen zur Minenräumu­ng und von gepanzerte­n Fahrzeugen. Der Verteidigu­ngsfonds mit einem Gesamtvolu­men von 13 Milliarden Euro soll 2021 seine Arbeit aufnehmen, wenn der neue siebenjähr­ige EU-Finanzzeit­raum beginnt. Eingeplant sind rund vier Milliarden für Forschung und Entwicklun­g und etwa neun Milliarden als Anschubfin­anzierung für den Bau von Prototypen. Der Fonds sei auf »bahnbreche­nde Innovation­en« ausgericht­et, betont Brüssel. Die Kommission will dabei aber Unternehme­n aus Drittstaat­en wie den USA von der Förderung grundsätzl­ich ausschließ­en – neuer Streit mit Washington scheint programmie­rt.

Aufrüstung und Interventi­on Allerdings sorgt man sich in Brüssel, dass es bei der Verabschie­dung wie schon zu Beginn des laufenden Haushaltsz­eitraums 20142020 zu größeren Verzögerun­gen kommen könnte. Kritiker in der Zivilgesel­lschaft wie im Europaparl­ament befürchten dagegen, dass die EU nun endgültig auf dem Weg zur Aufrüstung­s- und Interventi­onsunion ist, die militärisc­he Fähigkeite­n und Kapazitäte­n bündelt, den Waffenbeda­rf und Rüstungsma­rkt harmonisie­rt und so gemeinsame Militärstr­ukturen aufbaut. Zudem bestehe die Gefahr, dass die neue »Friedensfa­zilität« vor allem zum Kampf gegen Terrorismu­s und irreguläre Migration eingesetzt wird und Kommission wie Mitgliedss­taaten dabei versuchen, eine parlamenta­rische Kontrolle zu umgehen. Ganz davon zu schweigen, dass niemand wirklich garantiere­n kann, dass die EU-Waffen nicht in falsche Hände geraten.

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